Geboren: 1928 in Warna [Bulgarien] - gestorben 10.9.2014 Erlangen [Deutschland]
Tätigkeit: Orientalist
Dr. Günter Lüling ist 1928 als jüngstes von fünf Kindern eines deutschen evangelischen Pfarrers und Missionars in Bulgarien geboren und im Orient aufgewachsen. 1936 kehrte die Familie nach Deutschland zurück und lebte in Hinterpommern. 1942/43 lief gegen den damals 14jährigen Günter Lüling ein Verfahren wegen Ablehnung, Hilterjugendführer zu sein, das mit glimpflichem Urteil abschloß. Von Januar 1944 bis Kriegsende diente er als Marinehelfer und Soldat und geriet in Kriegsgefangenschaft, wonach er im Westen bis 1947 eine Maurerlehre machte. 1949 holte er das Abitur nach und studierte ab 1950 evangelische Theologie sowie Latein, Griechisch und Germanistik mit Spezialisierung auf das Alte Testament, weshalb er ab 1951 zusätzlich Aramäisch und Arabisch studierte. 1954 schloß er in Göttingen mit einem hervorragenden Theologie-Examen ab.
Da er sich schon als Student antitrinitarisch im Sinne von A. Schweitzer und Martin Werner geäußert hatte, war ihm der Weg in den Kirchendienst sowie eine Promotion in Theologie verbaut. Darum studierte er ab 1954 erneut, diesmal Staatswissenschaften mit dem Zweitstudium Islamwissenschaft und Soziologie, worin er 1957 das Diplom rer. pol mit hervorragend bestand. Die Promovierung schlug ein zweites Mal fehl, diesmal in Islamwissenschaft und wiederum aus ideologischen Gründen.
Im Jahre 1960 heiratete er Hannelore, die ihn zeitlebens als treue Mitarbeiterin begleitete. 1961 bewarb sich Lüling beim Goethe-Institut und diente von 1962 bis 1965 als Direktor desselben in Aleppo (Syrien). Dort wurden dem jungen Paar zwei Kinder geboren. In Syrien erlernte Lüling auch die arabische Umgangssprache, was seine späteren Arbeiten am Urkoran entscheidend förderte. 1965 fand er den Weg zurück zur deutschen Universität, zunächst als Assistent im Fach Medizingeschichte, dann in Arabistik und Islamwissenschaft, wo er nunmehr - 1970 - mit seiner Rekonstruktion gewisser Koransuren als altchristliche poetische Strophen promovieren konnte.
Diese Arbeit erhielt die höchstmögliche Note "eximium opus", was laut Universitätssatzung einer akzeptierten Habilitationsschrift gleichkommt. Dennoch wurde er zum Jahresende 1972 aus dem Universitätsdienst entlassen, wogegen er Rechtseinspruch erhob. Eine erweiterte Fassung seiner Dissertation zwecks Habilitation im nächsten Jahr wurde mit unredlichen Mitteln im Februar 1974 abgelehnt. Dagegen veröffentlicht Lüling sein Buch "Über den Urkoran" mit eigenen Mitteln im selben Jahr.
Der sechsjährige Rechtsstreit endete 1978, trotz positiver Gutachten seitens angesehener ausländischer Wissenschaftler, mit Bestätigung seiner Ablehnung und Entlassung. Lüling arbeitete die weiteren 13 Jahre auf der Grundlage der Arbeitslosenhilfe und ging im Oktober 1991 in eine schmale Rente. Zwei Anträge auf ein Forschungsstipendium wurden von der DFG abgelehnt, ebenso der zweite Antrag auf Unterstützung der englischen Ausgabe des "Urkoran" unter merkwürdigen Umständen 1999.
Während das Buch auch im Ausland vielfach diskutiert wird, wagt doch niemand unter den deutschen Akademikern, öffentlich dazu Stellung zu nehmen oder die Argumente Lülings zu widerlegen, die begründen, daß "der Koran in wesentlichen Teilen viel älter als der Prophet" ist.
Die englische Ausgabe erschien nach längeren Bemühungen endlich 2003 in Indien. In seinen weiteren Schriften hat sich Lüling seit 1982 wieder alttestamentlichen und frühgeschichtlichen Studien zugewandt und war bis zu seinem Tode dabei, eine "liberal-theologische dogmenkritische Vor- und Frühgeschichte der Hebräer" zu schreiben, in der er Juden, Christen und Araber gleichermaßen nachhaltig zu versöhnen trachtet. Einige Teile dieser umfassenden Arbeit sind bereits in kleinen Zeitschriften erschienen.
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Unser Nachruf auf Günter Lüling erschien etwas spät. Eine erste Nachricht mit Liste seiner Schriften kam eher.
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