Dendls erster fundamentaler Irrtum In seiner Erwiderung
auf Jörg Dendls Diskussionsbeitrag (in Zeitschrift für Anomalistik,
Band 4 S. 192-199) schrieb Heribert Illig (auf S. 202, Zeilen 1-3): "Dendl
irrt fundamental, wenn er in seiner Zusammenfassung die Präzessionsbewegung
als Ursache für die Abdrift des Kalenders nennt." Denn dies
ist tatsächlich ein unverzeihlicher Fehler, der in unserer nun schon
14 Jahre dazu laufenden Diskussion immer wieder geklärt wurde: Die
"Kalenderunstimmigkeiten", die durch die Schaltregel des Julianischen
Kalenders in 128 Jahren einen Tag anhäufen, haben mit der "Präzessionsbewegung"
(in 72 Jahren einen Tag), die Dendl meinte, nichts zu tun. Dendl muß
das aus Illigs Erklärung auch herausgelesen haben und hat im letzten
Moment seinen Fehler zugegeben, indem er in seiner Zusammenfassung das
entsprechende Wort "Präzessionsbewegung" durch "Kalenderunstimmigkeiten"
ersetzte (siehe Anmerkung der Redaktion). Dendls zweiter Irrtum Es gilt nämlich,
den anderen fundamentalen Irrtum Dendls noch einmal hervorzuheben, denn
diesen hat er in der überarbeiteten Fassung nicht korrigiert; auf
S. 198 unter der Überschrift "Illigs Irrtum" schreibt er
als zweiten Satz: |
Dendls Verwendung unverstandener "Quellen" Als drittes wären
die "Constitutiones" zu betrachten, die Dendl zur Stützung
seiner Argumentation anführt. Er zitiert in seinem Beitrag (im Abschnitt
"Das Konzil von Nicäa und der Osterfesttermin" S. 195)
einen wichtigen Text: Der Sonntag ist demnach
die einzige christliche Zutat zu den heidnischen Frühlingsfeiern,
die mit dem jüdischen Passah verknüpft wurden; dabei wollte
man sich nicht zu weit von der apostolischen Tradition entfernen, die
das jüdische Datum 14. Nisan beibehielt, was dem ersten Vollmond
nach der Frühlingsgleiche entspricht. Als in der Renaissance Texte wie Josephus Flavius geschrieben wurden, war den Autoren allerdings noch nicht klar, daß sie das hätten rückprojizieren müssen. Genauer gesagt: Josephus war bereits verfaßt, als man übereinkam, den jüdischen Kalender um anderthalb Jahrtausende aufzuwerten. Die Verwirrungen im Text sind die offenkundige Arbeit von Jesuiten, wie sie Kammeier oft ankreidete. Sie sind nützlich, wenn man später das Gegenteil behaupten will. Die Osterfestlegung ist also erst im 16. Jh. so richtig zum Problem geworden, nachdem man all diese widersprechenden Regeln und Überlieferungen schriftlich nebeneinander hatte. |
Die
Sprunghaftigkeit der Präzession
Die Katastrophenvorstellung,
d.h. die Erkenntnis, daß kosmische Katastrophen die Erde in historischer
Zeit heimgesucht und mehrmals menschliche Kulturen weitgehend ausgelöscht
haben, gehört zum Grundverständnis aller Chronologiekritiker,
und ganz besonders der Neuen Historischen Schule, die sich auf Velikovsky
(und dieser auf Zwi Rix) beruft. Illig hat sich im selben Sinne geäußert
(siehe sein Buch 1988; noch 1999, S. 26 angedeutet). Ich selbst habe seit
Anfang der 70-er Jahre daran gearbeitet (Ergebnis: Topper, 1977) und diese
Gedankenkette immer weiter verfolgt. So sind wir nun zu einer Datierung
der letzten drei Katastrophen gekommen, dies z.T. in Übereinstimmung
mit anderen Chronologiekritikern: die drei Ereignisse fanden vor etwa
650 Jahren, 740 Jahren und 950 Jahren statt. Die ersten beiden Daten sind
auch von der Gregorianischen Kalenderreform ableitbar und mathematisch
nachvollziehbar (Topper und Topper 2004). Sie beruhen auf der logisch
entwickelten Erkenntnis, daß die Präzession im vergangenen
Jahrtausend nicht gleichmäßig verlaufen sein kann, sondern
zuweilen Sprünge gemacht haben muß, deren Ausmaß zuletzt
zehn Tage und davor sieben Tage betrug. |
*) Anmerkung der Redaktion ZS: Da Jörg Dendl als Autor keine Zusammenfassung vorlegte, wurde die Zusammenfassung in diesem Fall von der Redaktion verfasst und anschließend von ihm genehmigt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, als die Kommentare zum Artikel bereits vorlagen, ließ der Autor in dieser Zusammenfassung nochmals eine geringfügige Veränderung vornehmen. Die Redaktion erkannte nicht deren sinnverändernden Charakter, andernfalls wäre eine solche nochmalige Veränderung bereits nach Vorliegen der Kommentare verweigert worden. |
Literatur BGS = Berliner
Geschichts-Salon, Bulletin des ersten Berliner Colloquium 1994: Wieviel
Ethik im Sinne Jerusalemer Religionen ist günstig? |