Giganten der Vorgeschichte |
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Architektonische Beweise für eine prähistorische Hochkultur im Zentrum Europas |
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K. Walter Haug Karlsruhe · 2006 |
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Wir Deutsche sind gewöhnt, die eigene Vorgeschichte als unbedeutend im Vergleich zu anderen Hochkulturen, etwa der römischen oder griechischen, zu betrachten. Der Boden gibt offenbar auch archäologisch nicht viel her. Große Erdhaufen waren alles, was Kelten und Germanen zustande brachten, um ihre großen Herrscher nach ihrem Ableben zu ehren, so die allgemeine Meinung. Nicht einmal zu Steinbau waren diese „Barbaren“ anscheinend fähig. Dürftige Holzhütten und -häuser waren wohl alles, was sie an Architektur hervorbringen konnten. Damit hätten wir in Deutschland eine Parallele zu den drei bosnischen Pyramiden am 44. Breitengrad, die ebenfalls aus natürlichen Bergen herausgeschält zu sein scheinen. Die Rekonstruktionszeichnung dieses Monuments mit der Himmelstreppe finden Sie auf dem Cover meines Buches*. Eine gut erhaltene Grabkammer kann in der obersten, 10. Stufe, einem Langcairn von 60 m Länge, besichtigt werden. Diese läßt sich gut mit ähnlichen Dolmen in Mecklenburg-Vorpommern vergleichen, die ebenfalls steinerne Schwellen besitzen. Die dazugehörigen Bilder können Sie im letzten Artikel über Kürnbach betrachten. |
Ein absolut phantastisches Bauwerk ist die Kruschhälde bei Sulzfeld (Bild 1). In einem dreieckigen Felsausbruch, genau am Rand des sehr steilen und hohen Hanges des Kruschhälder Gebirges, erstreckt sich ein komplexes System von Bauwerken, wobei man den Eindruck hat, dass allesamt im Untergrund, quasi durch das Untergeschoss, miteinander verbunden sind, also den ganzen Steinbruch von 300 x 300 x 300 m Länge ausfüllen. Ein höchste Stufe befindet sich an der Westseite. Diese endet zum Tal hin mit einer mehr als 100 m breiten, etwa 5 m hohen Schauseite, die genau Nord-Süd verläuft und an deren jeweiligen Ecken steile Treppenabgänge auf diese Wand zuführen und in ihrem Untergrund enden. Stufen und vermutete Grabpforten sind mit Geröll verschüttet. | |
Bild 1: Kruschhälde (bei Sulzfeld) |
Was das Ganze so kolossal macht, sind nicht nur die Dimension dieses Einzelbauwerks, sondern dass es in Verbindung zu zwei ähnlich großen Bauwerken steht, die ein großes Landschaft beherrschendes Dreieck bilden. Das zweite Bauwerk im Buchenbuckel hat im Gegensatz zum Dreieck der Kruschhälde, die man als gigantische Vulva interpretieren kann, Phallusform, bildet also ein riesiges langes Rechteck, das mit der Längsseite genau an der steilen Hangkante verläuft und gegen dieses Tal mit einem hohen künstlichen Wall abgegrenzt ist. Das dritte Bauwerk befindet sich beim Kindlesbrunnen, eine heute noch gern genutzte Quelle, die vielleicht früher im heidnischen Glauben Wunderquelle war. Das Wasser ist auch heute noch sehr klar und frisch. Hier also finden Menschen, die auf der Suche nach den authentischen Kraftsquellen der frühen Hochkulturen bis nach Südamerika und sonst wohin reisen, die tatsächlichen unserer Ahnen. Ein hoher Cairn, der ursprünglich den Zugang zum Steinbruch versperrte, wurde durchbrochen. Der Steinbruch ist ausgeweitet, wurde also tatsächlich gewerblich genutzt. Solche Nutzungsspuren findet man an den Felswänden der beiden anderen fast gar nicht. Nur die Bauwerke scheinen ihrer besten Steine beraubt. |
Nur schmale Gassen teilen diese bis zu 10 m und höher aufragenden mächtigen Bauten aus z. T. tonnenschweren Felsblöcken. Von diesen Toten- oder Häldengassen aus erreicht man die mehr oder weniger verborgenen Portale, der Beginn bis zu 20 m langer Grabgänge (Bild 2). Bis jetzt sind dort drei relativ gut begehbare Gänge in typisch megalithischer Bauweise (tonnenschwere Wand- und Deckplatten) bekannt. Anzeichen für andere, noch zugemauerte oder verschüttete, sind erkennbar. Diese Nekropole läßt sich sehr gut mit einer etruskischen vergleichen, der Banditacci-Nekropole bei Cerveteri, 80 km nördlich von Rom. Auch diese erstreckt sich über 1,2 km Länge und ist ebenso komplett aus dem Berghang herausgebrochen. Dort führen ebenfalls schmale Totenwege mit eingetieften Radspuren, auf denen die Totenkarren rollten, zwischen den großen Grabhügeln hindurch und Steintreppen tief ins Innere der Tuffsteingrabhügel zu großen beigabenreichen Grabkammern. Auf dem Marsberg konnten am Ende des längsten Ganges ebenfalls verschüttete Stufen einer Steintreppe festgestellt werden. |
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Bild 2: Marsberg - Eingang |
In Karlsruhe-Durlach konnte eine überaus große Nekropole unterhalb des sagenumwobenen Turmbergs ausfindig gemacht werden. Von dort bietet sich die gewohnte weite Aussicht nach Westen, hier über das weite Rheintal von Karlsruhe. Das Grabhügelfeld befindet sich im Gewann Judenbusch am Ortsrand im Wald beidseits der Kreisstraße nach Grünwettersbach. Ein Teil wird heute als Mülldeponie missbraucht, die Cairns in diesem alten „Steinbruch“, die auf einer alten Karte aus den 50er Jahren noch erkennbar waren, sind heute verschwunden. Ein anderer Teil nördlich der Straße wurde mit Wohnhäusern bekrönt. Daran anschließend findet man jedoch noch 4 gut erhaltene mächtig hohe und steile Cairns, zwischen denen die üblich engen Gassen hohlwegartig verlaufen. Auch auf der Südseite sind noch zwei markant steile und hohe Steinhügelgräber erkennbar. Das ganze Areal erstreckt sich über eine Länge von über 600 m. Die Breite dürfte ursprünglich ähnliche Maße betragen haben. |
Alle drei Grabstätten befinden sich am Westhang der Neckarau und boten von dort unten aus einst einen repräsentativen Anblick hoch oben auf den Bergen. Die landschaftliche Kulisse dieser Gegend mit merkwürdigen pyramidenförmigen Bergen im Osten ist äußerst beeindruckend. Wir haben den Eindruck, dass wir nur den Teil einer weit reichenden Prozessionsstraße gefunden haben, welche die aneinander gereihten Grabstätten verbindet und sich am Neckartal entlang nach Süden und Norden erstrecken muss, da die verbindende Landstraße südwärts jeweils in die betreffenden Ortschaften hineinführt, genau auf die Ortskirche trifft und dann links an ihr vorbei weiterführt. Diese Wendung nach links ist aus der keltischen Mythologie bekannt. Die linke Seite wird immer mit dem Totenreich in Verbindung gebracht. |
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Bild 3: Cairn bei Heilbronn, im Jägerhaus-Steinbruch (Karte) |
Ebenfalls in der Nähe des Neckars, aber weiter im Norden bei Heilbronn, im Jägerhaus-Steinbruch konnte das flächenmäßig größte Einzelbauwerk der Cairngattung nachgewiesen werden. Sage und schreibe 500 m lang erstreckt sich der Bau in der Diagonale, seine Seitenlänge beträgt annähernd 400 m (Bild 3) - zum Vergleich die Cheopspyramide mit einer Seitenlänge von 4 x 230 m.An der Vorderseite kann man noch heute eine sehr gut erhaltene über 4 m hohe Stufe aus trocken gemauerten Sandsteinblöcken auf mehr als 100 m Länge besichtigen. Das Bauwerk befindet sich innerhalb eines halbkreisförmig in den Berghang hinein- und herausführenden Hohlwegs. |
Nur an zwei Stellen wurde diese Gasse zu regulären Steinbrüchen erweitert. Diese galten bis in die Mitte des 20. Jh. als die größten Steinbrüche Württembergs. Der sehr gute und harte Schilfsandstein wurde sogar beim Bau des Amsterdamer Bahnhofs verwendet. Diese Art der Erweiterung eines uralten Felsmonuments zu einem regulären Steinbruch ist schon im Mittelalter nachweisbar. Auf einer Zeichnung des 16. Jh., deren Original heute im Germanischen Museum in Nürnberg aufbewahrt wird, sieht man neben der Baustelle des Klosters Schönau denselben in den Fels gebrochenen halbkreisförmigen Hohlweg, der um einen großen Cairn herum führt. Dort wo das Gestein zur Herstellung von Bauquadern tauglich war, erweiterte man den Hohlweg zum Steinbruch (Bild 4). |
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Bild 4: Steinbruch des Klosters Schönau (Zeichnung aus dem 16. Jh; Museum Nürnberg) |
Ein ebenfalls überwältigend großes Bauwerk ist der Bärenstein bei Horn. Er befindet sich unmittelbar neben den Externsteinen, nur durch den kleinen See getrennt im anschließenden Wald (Bild 5). Vor der mehr als 30 m aufragenden Felswand, welche auf derselben Fluchtlinie liegt, wie der Externstein, wurde hier in Urzeiten das vermutlich höchste Bauwerk der Megalithkultur errichtet, ein fünfstufiger trapezförmiger Cairn, der eine Länge von 440 m erreicht. |
An der Nordwestseite befinden sich drei Einschnitte ins Bauwerk, die durch Wälle blockiert sind und auf verschüttete bzw. zugemauerte Portale schließen lassen. Obwohl die Maße dieser unvergleichlichen Bauwerke alles bisher Bekannte sprengen und ihre Ausbreitung nach dem Stand der Fundmeldungen wohl die ganze Mittelgebirgslandschaft Deutschlands umspannt, stehen sie in der Logik der norddeutschen Megalithgräber und ihrer nahezu flächendeckenden Ausbreitung in der Norddeutschen Tiefebene. Die einst Zehntausende umfassenden monumentalen Langhügel aus sog. Findlingen – tonnenschweren Felsplatten – bilden noch heute z. T. mehr als hundert Meter lange Grabruinen mit einer oder mehreren Dolmenkammern, in denen z. T. über hundert Skelette (wohl Nachbestattungen) ausgegraben werden konnten. | |
Bild 5: Bärenstein (Karte) |
Wir wissen nicht, welche Herrscher ursprünglich unter diesen Monsterbauten bestattet wurden. Es gab jedoch sehr skurrile Bestattungssitten. So wurde in Frankreich, in der Nekropole von Bougon ein riesiger Langcairn geöffnet, in dessen einziger kleiner Kammer sich nur ein Schädeldach befand. Nichts desto trotz sollte alles Menschenmögliche unternommen werden, um diese wahrlich gigantischen Gräber der Vorzeit, unübersehbare Beweise einer versunkenen Hochkultur im Herzen des Kontinents, zu erforschen. Man wagt sich kaum vorzustellen, wie diese Giganten einst ausgesehen haben. Doch dass sie zu rekonstruieren sind, beweisen die vielen wieder hergestellten Cairns in anderen Ländern Europas z. B. Newgrange in Irland oder Gravinis in Frankreich, und die könnten der deutschen Archäologie leuchtende Vorbilder sein. Philip Heidinger vom geophysikalischen Institut der Uni Karlsruhe unternimmt jetzt schon seit zwei Jahren geomagnetische und jetzt auch geoelektrische Messungen an Cairns im Kraichgau. An der Zwerchhälde von Sternenfels hatte das Team nun auf Anhieb Erfolg. Eine Hochwiderstandsanomalie zeichnete sich auf dem Monitor ab, Hinweis auf einen Hohlraum, eine möglicherweise unberührte Grabkammer. Das könnte der Durchbruch sein, denn das Landesdenkmalamt will die Entdeckungen solange nicht akzeptieren, als keine datierbaren Funde vorweisbar sind. Jedoch wäre nun eine Bohrung mit Endoskop nötig, um Inhalt und Struktur der vermuteten Kammer auszuleuchten. Dann könnte der verborgene Eingang geöffnet werden. Die Finanzierung dieser Maßnahme jedoch steht in den Sternen. |
Literatur K. Walter Haug: „Die Entdeckung deutscher Pyramiden“, Bestellungen unter 07203/6278, walter.haug.cfg@ngi.de Fotos: © K. Walter Haug |
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