Topper, ein Fomenkoist?

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Uwe Topper distanziert sich von Heribert Illigs Behauptung, ein Fomenko-Anhänger zu sein

Berlin · 2010  Uwe Topper topper

Durch einen öffentlichen Brief von Christoph Marx (per email am 8.5.10) wurde ich aufmerksam gemacht auf einen Aufsatz von Heribert Illig in der gerade erschienenen Nummer 1/2010 seiner Zeitschrift „Zeiten-sprünge“ (Herausgabeort Gräfelfing bei München). Darin (S. 233) werden ich (Uwe Topper), Ilya Topper und Christoph Marx sowie weitere „einstige Mitstreiter“ in den Umkreis von Fomenko gerückt.

Dieser Zumutung muß ich hiermit aufs heftigste widersprechen. Die genannten Namen der ehemaligen Mitarbeiter haben nur eins gemeinsam: Sie sind allesamt Kritiker der Illigschen Chronologiekürzungs-Methode. Damit erschöpft sich größtenteils deren Gemeinsamkeit. Außer einem der genannten (Chr. Pfister) ist keiner von ihnen Anhänger von Fomenko, einige wie der Unterzeichnete sind (seit 1998) erklärtermaßen Kritiker von Fomenko. Es ist darum unzulässig, unter der Überschrift „Fomenko und die Folgen“ zu suggerieren, dieser Personenkreis gehöre zur Fomenko-Bewegung oder habe eine ähnliche geschichtskritische Einstellung. Bezeichnenderweise wird im Literaturnachweis (außer Chr. Pfister) keiner von ihnen aufgeführt.

Die Argumente, die Illig gegen Fomenko anführt, sind leider nur auf einige mißglückte Behauptungen in Sachen Pompeji konzentriert, ohne daß dabei die Arbeitsmethode von Fomenko klar werden würde, die einzig zur Debatte steht. Hier hätte er nämlich auch auf unsere Vorarbeiten zurückgreifen müssen. Außer Pfister ist keiner der von Illig genannten Autoren Anhänger von Fomenko

Unter der Überschrift: „Der russische Vorstoß“ hatte ich 1998 (2. Aufl. 2000, S. 271 ff) einen Nachtrag in mein Buch „Die Große Aktion“ eingefügt, der sich mit Fomenko kritisch beschäftigt. Darin hieß es u.a.:

»Fomenko stellt die These auf, daß unsere gesamte Geschichtsschreibung von einer geringen Anzahl von ständig wiederkehrenden schematischen Motivgruppen und starren Herrscherlisten geprägt sei. Mit Hilfe von rein mathematischen Rastern erkennt Fomenko, wie unsere geschriebene biblische und christlich-abendländische Geschichte aus nur vier oder fünf Perioden besteht, die durch Rückverschiebung um jeweils verschieden große Zeiträume (333, 1053 und 1778 Jahre) penetrant wiederholt werden. Daraus ergibt sich der Eindruck, daß unser Geschichtsbild auf wirklichkeitsfremden literarischen Motiven beruht, denen höchstens symbolischer Wert zugestanden werden kann.

Das führt in populärer Weise kraß vor Augen, daß die abendländischen Geschichtsschreiber seit dem 12. Jahrhundert durchgehend voneinander abgeschrieben haben und sowohl die Bibel wie auch antike und mittelalterliche "Chroniken" mit einer ans Unwahrscheinliche grenzenden Häufigkeit fast identischer "Historien" angefüllt sind. Diese nicht mehr zufällige sondern offensichtlich gewollte Wiederholung einzelner Geschichtsabschnitte macht die Inhalte in höchstem Grade unglaubwürdig. Der Grundgedanke deckt sich mit manchen der hier vorgestellten Aufklärer, besonders mit Hardouins "System", das die russischen Autoren eingehend zitieren.

Die genauen Abstandszahlen : 333 Jahre, 1053 Jahre usw. klingen allerdings naiv und machen jeden Kritiker sofort stutzig. Wie sehr unsere Geschichte romanhaft und fabuliert ist, konnte ich ja  mit textkritischen Argumenten zeigen, daß aber die humanistischen Geschichtsschöpfer derartig fantasiearme Erzeugnisse fabriziert haben sollen, halte ich für abwegig, und in das chaotische Ergebnis der Großen Aktion ein System mit exakten Jahresabständen hineinzubringen ist undenkbar.« Heinsohns und Illigs "evidenzbezogene" Methode macht die statistischen Untersuchungen Fomenkos wertlos

Nach einer kurzen Betrachtung von Morosows Neu-Ansatz und einer Kritik an Heinsohn und Illigs Methode fahre ich fort:

»Immerhin macht ihre (Heinsohn-Illig) "evidenzbezogene" Methode die aufwendigen statistischen Untersuchungsergebnisse Fomenkos sogleich wertlos, weil dieser die Ergebnisse der Archäologie nicht in seine Raster einbezieht. Fomenko ist zudem in einem Maße buchgläubig, wie nur starre Monotheisten es sein können, hält aber andererseits stur am veralteten aktualistischen Prinzip der akademischen Geologie fest, was seine Verwendung des nicht hinterfragten Datengrundstocks der Lächerlichkeit preisgibt. Da er außerdem selbst den stereotypen Geschichtsdaten, die er meist nur aus verarbeitender Literatur entnimmt, Gewalt antun muß, um sie in seine mathematischen Raster zu pressen, wird seine Methode äußerst verdächtig, ja unseriös. Daß sie dennoch bei einigen Kollegen zunächst Hoffnung auf einen frischen Denkansatz ausgelöst haben mag, ist unfaßbar.

Die Beschränkung Fomenkos auf zumeist russische und mitteleuropäische Literatur läßt ohnehin zu wenig Spielraum, um weiterreichende Schlußfolgerungen zu ziehen. Was als Kritik an den Schablonen europäischer Geschichtsschreibung begann, wächst sich inzwischen zu einer mystisch gefärbten Fantasie goldener russischer Legenden für eine geschichtsunkundige gläubige Masse aus, die nur vor dem Hintergrund des Fehlens geisteswissenschaftlicher Bildung gesehen werden kann, wie es in Rußland seit mehr als zwei Generationen vorherrschend ist. Diese völlige Orientierungslosigkeit ist ein Extrem fundamentalistischer Buchgläubigkeit, wenn auch der eines Velikovsky diametral entgegengesetzt.

Christoph Marx besprach ausführlich Fomenkos mathematischen Ansatz im Kreis der Zeitrekonstrukteure (im Mai 1996 in Hamburg) und hob hervor, "daß die philologischen Quellen des ausgehenden 'Mittelalters' und der frühen Neuzeit - wie allgemein bekannt - praktisch von A bis Z als 'gefälscht' wahrgenommen werden müssen, wobei allerdings das dahinterstehende 'Unverfälschte' durchwegs versteckt bleibt und sich unserer Analyse bislang entzog." Es wäre jedoch "in der Regel verfehlt, in diesen Quellen, auf die wir uns nichtsdestoweniger angewiesen sehen, von ihren Urhebern in individuell bewußter Absicht gefälschte Darstellungen zu sehen und ihnen damit eigennützige Motive - anstelle kollektiver Neurosezwänge - zu unterstellen." (1996, S. 5).«

Damit ist die Einstellung von Christoph Marx, der ich mich damals anschloß, deutlich ausgesagt. Von einer Nachfolge der Fomenko-Statistiken kann nirgends die Rede sein.

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