Diese Zusammenfassung
der im April 1992 erreichten Positionen der Geschichtskritik in allen
drei Bereichen (Katastrophismus, Abstammungstheorie, Chronologie des Alten
Orients), aber noch ohne die "Mittelalterdebatte", baut auf
Bücher von drei Autoren auf: Gunnar Heinsohn in erster Linie (Sumerer,
Ägypten), Christian Blöss (Darwin und Planeten) und Illigs Gemeinschaftsarbeit
mit Heinsohn (Ägypten) sowie Illigs eigenes Buch (Veraltete Vorzeit
1988). Insgesamt bringt es also nichts Neues, nur die Zusammensicht ist
wertvoll, erspart auch Lesestunden der anderen Bücher.
Der Stil ist oft "flapsig" oder "schnoddrig" (wie
Illig selbst sagt), gewollt salopp jedenfalls (wie etwa: "ein Rudel
von Archäologen").
Oswald Spengler wird äußerst positiv bewertet (S. 48 mit Zitat)
wegen seiner Weltanschauung, die der der Kirchentreuen und Angsthasen
(Anti-Katastrophisten) entgegensteht. Selbst Velikovsky muß sich
da postum eine Rüge wegen seines Fundamentalismus gefallen lassen.
Hörbiger wird mehrmals zitiert (S. 23 f, S. 229), aber wegen seiner
Anziehungskraft auf das 3. Reich, wofür Pauwels und Bergier (1962)
angeführt werden, ausgeschieden (S. 24), was jeglicher Logik entbehrt.
Jacques de Mahieu (1982 und 1985) wird ohne böse Kritik zitiert!
Indirekt wird auch an Toppers Arbeit über die Felsengleise erinnert:
Anm. 399 (S. 164): "dazu in Vorbereitung: Illig, Heribert: Die Rätsel
Maltas und die Gleisspuren der Antike; Gräfelfing." Dieser Artikel
ist leider nie erschienen. Dagegen ist ein anderer Gedanke von Topper
näher erläutert: Die Keltenkürzung (S. 161), die auf die
"Horra" hinweisen kann: "So wird einsichtig, daß
die Kelten direkt, ohne weiteres Vermittlervolk, das megalithische Wissen
der ... Dolmenbauer bis in unser +2. Jtsd. vermitteln konnten." Da
Illig sich in seinem 1988 erschienen Buch "Die Veraltete Vorzeit"
mehrfach auf Topper (1977) bezogen hatte, war hier eine weitere Erwähnung
wohl nicht nötig.
Beachtlich ist Illigs Weitblick bezüglich archäologischer Fälschungen:
S. 162 wird Mellaart als Erfinder erwähnt, ohne Begründung:
"In dem Moment, in dem die C14-Datierungen abdanken, verschwindet
auch diese Ur-Kultur (M. Gimbutas Alt-Europa) samt ihrer von James Mellaart
geschaffenen und von H. Hauptmann vertieften Parallelkultur in Anatolien"
(mit Anm. 394: Illig, Veraltete Vorzeit 142, wo Hamblin zweimal genannt
wird als Quelle).
Die Atlantik-Fahrten der Altweltseefahrer (S. 170) waren laut Illig nur
Einbahnreisen, nämlich die von Flüchtlingen aus der zerstörten
Welt. Hätte es regen Handel gegeben, dann "müßte
Amerika auch die späteren Erfindungen der Alten Welt geliefert bekommen
haben, was nicht der Fall war." Das wäre durch die neueren Funde
von Nikotin und Kokain in ägyptischen Mumien zu überprüfen,
ist aber grundsätzlich noch Lehrmeinung.
Das seltsame Planetenmodell des Ptolemäus wird (S. 45 f) zwar referiert
als fortschrittshinderlich, sein Sinn (die Sonderstellung der Erde als
christliche Auftragsarbeit) bleibt aber unerklärt.
Noch recht unberührt von der großenteils erst angelaufenen
Kontroverse mit den Kollegen der hebräischen Religion wird das Alte
Testament als unbrauchbarer Fahrplan für die Geschichtsforschung
abgestempelt (S. 108): Die völlige Aussschaltung des -2. Jt.s als
Ereignisgeschichte (von Abraham bis David) und die Halbierung des -1.
Jt.s durch Heinsohn, der noch dazu nach rabbinischem Vorbild den zweiten
Tempelbau ins -4. Jh. verschiebt, während zwischen David und dem
Tempelbau kaum zweihundert Jahre bleiben, läßt das AT als Karikatur
eines unmäßig aufgeblähten Sagenstoffes erscheinen. Illigs
vorsichtiger Nachsatz verbessert die Situation nicht: "Damit reduziert
sich die Königszeit dramatisch, und es wird zu fragen sein, wieviel
aus den biblischen Erzählungen von fremden Herrschern übernommen
ist, wieviel Geschichte des eigenen Territoriums ist."
Und stärker S. 171: "Die biblische, jüdisch-israelitische
Geschichte wird im gleichen Maße reduziert, zum Teil ausgemustert."
S. 221: Das Zusammenspiel von Milton Zysman und Gunnar Heinsohn hinsichtlich
der Neuformulierung der Menschheitsentwicklung gefällt ihm: "G.
Heinsohn griff diesen Gedanken wie beim Dopplepaßspiel auf und konkretisierte
ihn für den Übergang vom Neanderthaler zum Cromagnon, zum Jetztmensch."
S. 222f: erfolgt eine wichtige Abgrenzung, die nötig zu sein scheint:
"Die hier vorgetragene Kritik hat nichts mit Kreationismus zu tun
... Es sollte hinreichend klargeworden sein, daß sich Zeitkürzungen
im Bereich der Hoch- wie der Frühkulturen ohne jedes religiös
motivierte Argument ergeben, daß sie sich nur auf wissenschaftliche
Argumente stützen und daß selbstverständlich keiner einmaligen,
moralisch notwendigen Sintflut das Wort geredet wird, sondern - gemäß
den Stratigraphien - die Zerstörungs- und Flutschichten in Vorderasien/Ägypten
sowie katastrophische Horizonte in europäischen Höhlen ernst
genommen werden.
Die neue historische Schule' predigt auch keine Religionslehren,
sondern versucht gerade das Phänomen Religion' als ein in der
Zeit, ohne göttlichen Eingriff entstandenes Kulturphänomen zu
verstehen."
S. 229: zur Behauptung einer objektiven Wissenschaft: "Dieser Satz
ist ebenso schön wie blauäugig. Daß die Wissenschaft eine
der letzten Zünfte ist, die selbst bestimmt, wer zu ihr gehört,
die sich selbst Rechte, Pflichten, Pfründe und Privilegien zugesteht,
weiß jeder, der einmal den Wissenschaftsbetrieb erlebt hat."
Blöss folgend wird auf S. 206 ein literarischer Hinweis angegeben,
der wenig beachtet wurde: Illies, Joachim (1983): Der Jahrhundert-Irrtum.
Würdigung und Kritik des Darwinismus (Frankfurt/M)
Das Buch ist eine zügige Zusammenfassung der bis dahin in der GRMNG
gelaufenen Themen, gestützt vor allem auf Heinsohn und Blöss.
Noch nicht verwertet ist der neueste Vorstoß gegen das Mittelalter,
aber schon nebenbei angekündigt (S. 161).
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