Nikolaus
Morosow: Die Offenbarung des Johannes
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Besprechung
des Buches "Die Offenbarung des Johannes" (Stuttgart
1912)
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Uwe
Topper
Berlin, o. J. |
Morosow war nicht der erste, der die Gestirnskonstellationen als Hintergrund
für viele Aussagen der Offenbarung des Johannes gedeutet hat. An
zahlreichen Stellen kommt man nicht umhin, die Ausddrücke des Johannes
auf Sternbilder zu beziehen. So sind z.B. mit den vielen Augen inwendig
und rundum (Kap. 4 Vers 6) ganz offensichtlich die Sterne am Nachthimmel
gemeint. Da sind (in Kap. 4, Vers 4) die 24 Ältesten vor dem Thron,
die nach babylonischem Vorbild stets als die 24 Tagesstunden aufgefaßt
wurden. Die vier Hauptengel oder evangelischen Gestalten (4, 7: Löwe,
Stier, Wasser-Mann und Adler) können ohne Schwierigkeiten als die
Kardinalpunkte des Jahres, als Jahreszeiten-Anzeiger gesehen werden; sie
sind tatsächlich häufig so gedeutet worden. Wer dann die vier
apokalyptischen Rosse als Planeten sieht, wie Morosow es tut, folgt einer
strengen Linie, die aber das Herkömmliche Da die Visionen des Johannes äußerst lebendig beschrieben sind, kann man derartige Naturereignisse einbeziehen. Ob nur diese Äußerlichkeiten gemeint waren, ist fraglich; ich möchte dies verneinen. Was dem Naturwissenschaftler Morosow leicht fiel - nämlich die Rückberechnung des Zeitpunktes der Vision - ist für uns heute nicht mehr ohne weiteres akzeptabel. Wir haben durch die Einbeziehung der Katastrophen, die gerade in der Johannesoffenbarung zahlreich und tonangebend beschrieben sind, eine relative Betrachtungsweise gelernt: es könnte ja durchaus sein, daß sich die Erdbewegung (vielleicht sogar auch andere Planetenbewegungen) seit jenem Zeitpunkt geändert hat, weshalb eine astronomische Rückberechnung ins Leere zielen könnte. Morosow nimmt auch an, daß es sich im ganzen Buch um eine einzige
Vision handelte, was dem Text m. E. widerspricht. Ich selbst habe (1993,
S. 352 ff) ausdrücklich zwei durch mehrere Jahre getrennte Entstehungsepochen Nun könnte natürlich eine erste Vision immer noch nach ihrer
Sternstellung berechnet werden (vorausgesetzt, daß seitdem keine
Katastrophe kosmischen Ausmaßes stattgefunden hätte) und diese
im Jahre 395 nach Christus Wir sehen daran aber schon, wie willkürlich derartige Rückschlüsse
sind. Die gründliche Kenntnis des Sternhimmels, die Morosow für
den Verfasser der Offenbarung - bei ihm der heilige Johannes Chrysostomos
von Antiochien - Wichtiger vielleicht als diese Diskrepanz hinsichtlich der Datierung
der Abfassung sind Morosows Erkenntnisse über die Unmöglichkeit
einer Erwähnung des Buches durch Kirchenväter vor dem 5. Jahrhundert.
Alle diesbezüglichen Dupuis (1794): L'Origine de tout les cultes Diese Autoren müßten nun vordringlichst gelesen werden, da
sie - im Verein mit anderen bekannten Franzosen, die ähnliche Meinungen
vertraten, ich nenne nur Hardouin und Germon - ein erstaunlich einheitliches
Bild hinsichtlich Diese kritische und vorurteilsfreie Behandlung der alten Kirchenliteratur unter neuen chronologischen Aspekten ist das eigentliche Verdienst dieses seltsamen Buches, das als einzige Schrift des genialen Morosow schon seinerzeit ins Deutsche übersetzt wurde. Die begeisterte Einleitung von Arthur Drews hat dem Buch sicher damals viele Leser verschafft, weshalb es um so mehr zu bedauern ist, daß es heute fast der Vergessenheit anheimgefallen ist. |
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