Berlin · 1995 Uwe Topper
Die Ausdehnung der Erdkugel
Beobachtungen im Gelände
(Veröffentlicht in EFODON-SYNESIS Nr. 11/1995)
1. Entstehung der Flusstäler
Man versuche bitte, mit Standard-Schulwissen die Bildung der großen Flusstäler in den tertiären Hochgebirgen zu erklären! Diese Täler sind oft enorm breit, und dennoch sind ihre Ufer senkrechte Wände. Ein Fluss, der nur wenige Kilometer oberhalb entspringt, kann ein solches Tal gar nicht auswaschen. Selbst jahrelange Wolkenbrüche vermögen das nicht, und dass Gletscher derartige Talbildungen nicht verursachen, ist erst kürzlich wieder deutlich gemacht worden durch Evan Hansen (1).
Die nachfolgenden Gedanken habe ich im Hohen Atlas (Marokko) entwickelt, da mir diese Landschaft
am vertrautesten ist. Sie dürften aber grosso modo auch für die Alpen, den Kaukasus oder den
Hindukusch zutreffen, also generell für alle jüngeren Hochgebirgsbildungen.
Methodisch gesehen ergeben sich zwei mögliche Antworten:
Erstens: Die Täler existierten schon vor der Auffaltung, ihre Entstehung liegt in einer früheren geologischen Epoche und könnte durch die dazwischengetretene Katastrophe bis zur Unkenntlichkeit verwischt worden sein.
Zweitens: Die Talwände treten kontinuierlich oder ruckartig auseinander aufgrund der Ausdehnung der Erdoberfläche. Dabei sinkt der Talgrund ab. Der sich immer mehr verringernden Wassermenge (im Verhältnis zum sich ausbreitenden Talgrund) bietet sich keine Möglichkeit mehr, die Talwände zu
erodieren. Die These lautet also:
Große Schluchten und Täler sind nicht durch Flüsse (oder Gletscher) ausgewaschen worden, sondern
durch Zerreißen der Erdoberfläche infolge Ausdehnung entstanden. Flüsse sind die natürliche Folge
von Talbildungen, nicht deren Ursache.
Abb. 1 :Schema der Gebirgsbildung
Einige Überlieferungen der im Hohen Atlas ansässigen Berber sind m.E. nur mit dieser These
verständlich:
"Früher - wann, ist unklar, aber es dürfte mindestens 400 Jahre her sein - floss unser Fluss dort oben
auf der Höhe, wo man jetzt noch den einsamen, heiligen Baum sieht."
Ich schätze den Höhenunterschied auf hundert Meter. Ganz offensichtlich ist das Tal nicht allmählich
abgesunken, sondern plötzlich bei einem kataklysmischen Vorgang, der großräumig das gesamte
Gebirge betroffen haben wird.
Die alten Wohnbauten und Verbindungswege der "früheren" Bevölkerung des Gebirges liegen auf
einer deutlichen Erosionsterrasse oder Kante, die ebenfalls rund hundert Meter (örtlich
unterschiedlich!) höher liegt als die heutige Siedlungszone mit den Verkehrswegen am Talgrund. Auf
die Frage, wie denn die Leute damals zu ihren Wohnungen gelangen konnten, wo doch die Felswände
unüberwindlich steil aufragen, sagen die heutigen Bewohner: "Damals floss der Fluss dort oben, die
Wege und Wohnungen lagen genauso nah am Fluss wie unsere heute."
Wohlgemerkt, dies sind keine Schlussfolgerungen gebildeter Berber, sondern die volkstümlichen Überlieferungen. Ich möchte sie ernst nehmen und noch eine weitere Beobachtung hinsichtlich der
Felsbilder jener Region zufügen:
Die Gravuren des Hohen Atlas, die zumeist aus der Bronze- und Eisenzeit stammen, liegen sämtlich
oberhalb eines unbewohnten Wald- oder Einödgürtels weit über 2000 Meter Höhe in Gegenden, die
offensichtlich früher fruchtbar waren, da noch Anzeichen von Felderterrassen, Wohnbauten und
Kultplätzen vorhanden sind. Heute finden dort nur Schaf- und Ziegenherden genügend Nahrung, die
Felsbilderbereiche sind reine Hochalmen. Auf den Bildern sieht man aber Rinder, Pferde, ein- und
zweiachsige Wagen usw., also etwa das "Mobiliar", das heute 500 Meter tiefer in Gebrauch ist.
Dem Einwand, dass man Bilder von Wagen auch dort anbringen kann, wo man mit einem Wagen nicht hin gelangt, kann ich nun durch eine Entdeckung die Spitze nehmen: Auf dem Plateau der Felsbilder am Tizi-n-Tirghist (Rat, Hoher Atlas) sah ich 1992 eine uralte Wagenpiste von mehr als drei Metern Breite, die offensichtlich in kulturellem Zusammenhang mit den Gravuren steht. Weitere Erkundungen 1993 und 1995 ergaben, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine kultische Fahrbahn für Wagenrennen aus der Bronze- bis Eisenzeit handeln wird. Der hauptsächlich sichtbare Teil besteht aus einer großen, eiförmigen Schleife und einer geraden Strecke, insgesamt etwa ein Kilometer lang. Unter heutigen Bedingungen ist schwer zu erklären, wie die Leute mit ihren Rennwagen hier hinauf gekommen sein könnten, da dies selbst für den modernen Straßenbau noch problematisch ist. Wenn das Plateau aber tiefer lag und die Schluchten noch nicht existierten, löst sich das Rätsel von selbst (2).
Auch der Anbau von Getreide ist heute in dieser Höhe nicht mehr möglich.
Gewiss müssen wir mit einer drastischen Klimaveränderung in den letzten 2000 Jahren für dieses
Gebiet rechnen, aber eine andere (zusätzliche?) Erklärung ist genauso sinnvoll: der gesamte
Gebirgsblock könnte sich ruckartig hochgehoben haben, wodurch natürlich Schluchten aufgerissen
wurden, alte Taleinschnitte zu ihrer heutigen, anders nicht erklärbaren Breite gekommen sind, und vor
allem die schroff aufragenden Bergstöcke entstanden, deren fast senkrechte Wände noch keine
deutlichen Zeichen von Verwitterung tragen.
Wer einmal durch eine der unzähligen Schluchten des Hohen Atlas gewandert ist, wird mit
aufmerksamem Blick festgestellt haben, dass sie nicht vom Fluss, der in ihnen fließt, ausgewaschen
sein können, da ihre Kanten und Wände nicht glattgeschliffen sind (höchstens direkt am Grunde),
sondern rau und scharfkantig sind, und dass die beiden Wandseiten exakt ineinanderfügbar sind, als
wären sie eben erst zerrissen worden. Man gewinnt den Eindruck, dass dieses Schluchtengewirr, das
weder vorherrschenden Windrichtungen noch sonstigen Mustern nachfolgt, durch Hebung und
Zerbrechen der Erdkruste geformt wurde.
2. Iberien
Vor etwa zwanzig Jahren begann ich, meine These von der dreifachen Hebung des Iberischen Landsockels und seinem Zerbrechen in viele Einzelstücke zu publizieren (3), da ich die Einzelheiten dieser Vorgänge in vielen Reisen in Spanien, Portugal und Marokko selbst beobachtet hatte. Ich habe das erste auslösende Ereignis mit einem kosmischen Splitter - "Phaethon" - in Zusammenhang gebracht, wobei ich nur auf antike und ethnographische Texte zurückgriff, ohne mir über die astronomische oder geologische Seite klar zu werden.
Abb. 2: Schematische Darstellung der Erdausdehnung, wie sie von Wegener (ab 1912) über Jordan u.a. bis Schmidt-Thomé (1972) konzipiert wurde: Die Kontinente (weiß) vergrößern sich nur geringfügig, die Ozeane (schraffiert) weiten sich aus.
Die geologische Grundlage hat sich in diesem Zeitraum mehr und mehr gefestigt und kann m.E. heute
als gut fundiert angesehen werden. Drei der bekanntesten Theorien will ich hier kurz vorstellen:
Man nimmt seit mehr als einem Jahrhundert in der Geologie an, dass die Gebirgsfaltungen durch
Kontraktion der Erde ausgelöst werden. Dagegen haben sich immer wieder Stimmen erhoben (4), die
sowohl für die Erde als auch für den Mond ein sich Aufblähen und dadurch erfolgendes Zerreißen der
Oberfläche fordern. Ein Außenseiter - insofern, als er Physiker und nicht Geologe ist, wie er stets
betont, hat die theoretische Grundlage formuliert: Pascual Jordan (5). Als Schüler Diracs, der die
Veränderlichkeit der Gravitations-"Konstante" rechnerisch nachwies, stellte er lapidar fest, dass damit
auch der Erdradius ständig wachsen müsse, mithin die Erdoberfläche immer weiter zunähme. Mit
einigen scharfen Überlegungen zur Gebirgs- und Ozeanbildung (die manchen Geologen wohl
erbleichen lassen könnten, wenn er es aufmerksam Iäse) untermauert Jordan seine Theorie sehr
anschaulich. Von Wegener angeregt, entwirft er ein Bild, in dem die Erde zunächst von einer
einheitlichen Kruste umgeben war, die durch Ausdehnung des Globus aufriss und nun in verschieden
großen Stücken als Kontinentalschollen (Material SiAl) auf dem Erdmantel (Material SiMa) schwimmt.
Die Ozeanböden sind nicht abgesunkene Kontinente, sondern die Lücken in der Kruste. Sie werden
stetig größer. Auch für Mond und Mars erkennt Jordan entsprechende Vorgänge. Als besonders
augenfälliges Beispiel beschreibt er die isländischen Klaffspalten, deren Verbreiterungsgeschwindigkeit mit den übrigen von ihm festgestellten Messergebnissen harmoniert.
Diesen genialen Gedankengängen und Berechnungen nimmt leider ein grundlegender Fehler die Überzeugungskraft: Jordan geht von einer kontinuierlichen Vergrößerung der Erde aus, mithin von
einem allmählichen Langsamerwerden der Bahngeschwindigkeit der Erde usw., ohne auch nur entfernt
die ach so häufigen und nicht mehr abzuleugnenden Katastrophen mit einzubeziehen. Die beiden
anderen modernen Vertreter der Erdausdehnungsthese sind in diesem Punkt sehr viel vorsichtiger, ohne ihre Fachkollegen direkt verärgern zu wollen.
Johann Pfeufer (6) ist Bergassessor und hat seine Theorie - ganz im Gegensatz zu Jordan - nicht am
Schreibtisch entwickelt, sondern in seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Bergwerksfachmann. Seine
Argumente sind dermaßen klar und überzeugend, dass sie im Verein mit der physikalischen Theorie
von Jordan wohl den Grundstock für alle neueren Untersuchungen legen werden. (Die beiden Männer
kannten sich übrigens, lehnen aber einer des anderen Theorien ab, was ich bedauerlich finde).
Sowohl die Dehnungstektonik bei Auffaltung der Gebirge als auch das ständige Zunehmen der
Ozeanwasser können nur als Folge der Expansion der Erde erklärt werden, sagt Pfeufer, und weist dies
besonders an den Übergangsbereichen (Schelfmeere) nach. Die Hypothese der Plattentektonik wird
damit endgültig als unhaltbar erkannt.
Derselben Meinung ist auch der australische Geologe S. Warren Carey (7). Für ihn sind noch weitere
Naturkonstanten zeitabhängig, u.a. die Hubble-Konstante. Die Schrägstellung der Erdachse (heute 23,4°) hält er für die größte Einzelvariable der Erdgeschichte, mithin haben sich Polneigung, Präzession und die Reibung zwischen Erdkern und Mantel andauernd verändert, einerseits periodisch schwankend, andererseits aber auch chaotisch. Die Expansion der Erde steht in direktem Zusammenhang damit, wobei sich die Südhalbkugel schneller ausdehnt als die Nordhalbkugel. Gebirgsbildung, Kontinentaldrift und Polwanderung sind direkte Folgen der Erdausdehnung, wobei die ständige Vermehrung des Meerwassers (oder eigentlich des gesamten Wasserhaushalts der Erde) noch einer vernünftigen Erklärung bedarf, sagt Carey. (Hätte er vielleicht doch mal in den Hörbiger (8)
reinschauen sollen?).
Zu diesen drei Autoren, die von jeweils unterschiedlicher Sicht her das Phänomen der Erdausdehnung
schlüssig dargestellt haben, könnte man noch eine ganze Reihe neuerer Literatur stellen, die mehr oder
weniger explizit mit diesen Thesen arbeiten. Nirgendwo wird dabei allerdings ein Planetoidensturz
oder ähnlicher Auslöser in Betracht gezogen. Darum möchte ich hier mein 1977 veröffentlichtes
Szenario - erweitert um die Gedanken der drei genannten Bücher - kurzgefasst ausdrücken:
Die Dehnfähigkeit der Erdkruste erlaubt eine Ausdehnung der Erdkugel über längere Zeiträume, ohne
dass es zum Zerreißen kommen muss. Ein relativ kleiner Bolide, der auf die Erde zustürzt und die
Kruste durchbohrt, kann dabei enorme Kräfte freimachen, die ein derartiges Aufreißen bewirken, da ja
die Kruste bis zu einem kritischen Grad gespannt und aufgewölbt sein kann. Wenn "Phaethon",
vielleicht ein Planetoid, in den Golf von Cádiz einschlug, d.h. vor der Mündung des Eridanus (= Rio
Anas = Guadiana), dann ist vorstellbar, wie dieser Golf und sein Hinterland aufriss und - nach
schrecklichen Flutwellen und Erdbeben, die Cádiz = Atlantis zerstörten - eine Inselwelt hinterließ, die
dann in dreimaliger ruckartiger Bewegung sich weiter hinaufhob, um einen ausgeglichenen Zustand zu
erreichen. Auf diese Weise wären die drei Landhebungsmarken und Küstenlinien auch geologisch
sinnvoll erklärt.
Meine Forschungsergebnisse, die nur Iberien und Marokko betreffen und nur die von Platon und
anderen antiken Schriftstellern - besonders hinsichtlich Atlantis - gemachten Überlieferungen
einbeziehen, werden damit in einen größeren Rahmen gestellt, der die gesamte Erdgeschichte umfasst.
Der Untergang der Atlantischen Kultur wäre in diesem Bild nur ein Sonderfall, dem andere
entsprechend an die Seite gestellt werden könnten, von der Zerstörung im Perm oder jener am Ende der Kreidezeit bis hin zu den jüngsten Katastrophen, die wir gerade erst rekonstruieren: beim Ende des
ersten Metallzeitalters, der "kleinen Dunkelheit" am Ende der Völkerwanderung oder dem
Auslöser der Pest am Ende des Mittelalters. Immer müssen wir davon ausgehen, dass mit dem
Ausdehnungsruck der Erde auch ihre Bahngeschwindigkeit sich änderte und dass alle strengen
Rückrechnungen in kosmischer und geologischer Hinsicht über die jeweiligen Einschnitte hinaus nicht
sinnvoll sind.
Literatur
1 "Zur Entstehung von V- und U-Tälern" in EFODON-SYNESIS Nr. 8/1995, S. 11. - Zur Unhaltbarkeit der Gletschertheorie siehe schon C. G. S. Sanderberg, "Ist die Annahme von Eiszeiten berechtigt?" (Leiden 1937).
2 Näheres dazu in meinem Artikel "Portugiesen-Bauten im Hohen Atlas" in ALMOGAREN XXIV-XXV (1993-94), S. 335-344.
3 Zusammengefasst in "Das Erbe der Giganten" (Olten 1977), das leider längst vergriffen ist.
4 Hörbiger, Fauth und die Anhänger der Welteislehre waren nicht die einzigen, hier sei besonders erinnert an B. Lindemann (1927), O. C. Hilgenberg (1933), J. Keindl (1940), Brößke (1962) u.a.
5 "Die Expansion der Erde" (Braunschweig 1966).
6 Joh. Pfeufer, "Die Gebirgsbildungsprozesse als Folge der Expansion der Erde" (Essen 1981).
7 "The Expanding Earth" (Univ. of Tasmania, Australia. Amsterdam 1976).
8 Siehe Horst Friedrich "Noch immer unerledigt: die Welteislehre" in: EFODON-SYNESIS Nr. 7/1995, 5. 6-8.
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