Uwe Topper
Grabstelen in Indus-Kohistan (Kurzfassung)
gedruckt in: Münchner Beiträge zur Völkerkunde, Bd. 6, S. 313–353
(Anthropologisches Museum München)
english here: Kohistan engl.
1. Einführung
In den Jahren 1962 bis 1967 bereiste der Verfasser mehrfach das gebirgige Nordpakistan und kam hin und wieder durch Gebiete, die - wie ihm Einheimische versicherten und später an Hand von Literatur nachgeprüft werden konnte - selten oder nie von Europäern betreten worden waren. Der vorliegende Aufsatz soll eine der vielen Lücken füllen, die hinsichtlich der Ethnographie der Dardvölker heute noch bestehen. [1]
Mit dem Begriff Dardistan[2] hat man eine Gebirgsregion bezeichnet, die sich vom Hindukusch im Westen bis nach Baltistan und Kashmir im Osten erstreckt. In diesem Raum leben Bergvölker, die indoarische Dardsprachen verwenden und in kultureller Hinsicht eine bemerkenswerte Eigenform bewahrt haben. Auf arabischen und chinesischen Quellen fußend hat Jettmar[3] mit dem Ausdruck "Königreich Bolor" auch die zeitweilige politische Eigenständigkeit dieses Raumes hervorgehoben.
Einerseits sind die relativ selbständig funktionierenden Stammesrepubliken bemerkenswert, andererseits fällt das Überleben oft kleinster Feudalstaaten auf.[4] Als Beispiel für eins dieser winzigen Fürstentümer sei Amb am Indus genannt, das geographisch wie strategisch an einer Schnittstelle lag: oberhalb endet der schluchtartige Verlauf des Indus, unterhalb tritt er in die fruchtbare Ebene ein. Gegenüber liegt die Festung Darband, die als vorgeschobener Posten der von West nach Ost verlaufenden Eroberung durch die Pashtunen in vielen Liedern genannt wird. Aus der Herrscherfamilie von Amb stammte der damalige Präsident von Pakistan, Ayub Khan (1959-1969). Die politisch fast selbständigen Herrscher von Chitral, Dir, Bajaur und Swat wurden von dem kleinen aber strategisch wichtigen Posten in Malakand aus in Grenzen gehalten.[5]
2.0 Kohistan allgemein
Das Gebirgsvorland zwischen wertvollem Ackerbaugebiet im Süden und echtem Hochgebirge[6] im Norden, verwaltungstechnisch meist als Kohistan bezeichnet,[7] hat hartnäckig eine gewisse Selbständigkeit gegenüber den mächtigen Pashtunen bewahrt. Anschaulich schildert Jettmar den Hauptgrund für diese Sonderstellung: Es ist die Unzugänglichkeit für Reiterei, die dieser Region Schutz verlieh. Von den Pashai in Afghanistan[8] bis zum Hazara-Distrikt an der Grenze zu Kashmir hat sich aufgrund seiner Unwegsamkeit ein nahezu unberührter Rückzugsstreifen erhalten, der besonders für Ethnologen eine kaum ausgeschöpfte Fundgrube darstellt.
Ein weiterer Grund für die Unerforschtheit dieses Gebietes ist das Sicherheitsrisiko, das auch Barth,[9] der im Sommer 1954 mit einer Polizei-Eskorte reisen mußte, stark behinderte. Blutrache und Asylfunktion der Heiligtümer sind die beiden auffälligsten Aspekte, Raubmord und tiefverwurzelter Fremdenhaß die allgemeinen Gefahren.[10] Wenngleich ich nicht immer unter Bewachung stand, sondern zeitweise auch frei wandern, zeichnen und an Festen teilnehmen konnte, war meine Handlungsfreiheit doch häufig stark eingeschränkt, so daß ich manche Skizze oder Befragung heimlich ausführen mußte.
Im Zusammenleben gewann ich den Eindruck, daß die Kohistani im Gegensatz zu der von ihren Nachbarn allgemein geäußerten Ansicht[11] höchst gastfreundlich und ehrenhaft sind, jedoch durch den enormen Druck seitens der politisch und wirtschaftlich überlegenen Pashtunen in eine ständige Abwehrhaltung gedrängt wurden, die Geheimhaltung und Abgeschlossenheit gegenüber Fremden erfordert. Ein Imam im Panjkora-Tal in Dir-Kohistan bat mich eindringlich, der "Außenwelt" mitzuteilen, wie sehr seine Talschaft unter den pashtunischen Oberherren leide: Unverhältnismäßig hohe Steuern sowie grausame Übergriffe, vor allem Mädchenraub, seien bis zur Unerträglichkeit angewachsen.
Dieser kurze Hinweis mag die Situation andeuten, in der sich die dardische Rückzugsbevölkerung während jener Jahre - zuletzt im Herbst l967 - befand. Seitdem mag sich einiges gebessert haben, wie aus Jettmars Bericht l983 [12] schon zu spüren ist.
Als dritter Faktor für die Unerschlossenheit des Gebietes mag die relative Armut der Bevölkerung erwähnt werden. Die südliche Grenze Kohistans entspricht weitgehend einer klimatisch-biologischen Landschaftsgrenze, nördlich der nur noch eine Feldernte pro Jahr möglich ist. Dies bedeutet, daß die Pashtunen von Süden her soweit in die Gebirgstäler hinaufdrängten, wie es sich landwirtschaftlich - d.h. mit zwei Ernten jährlich - lohnte. Der Waldreichtum erlaubt zwar Weidewirtschaft,[13] vor allem mit Ziegen und Schafen, die Auswertung des Holzes unterliegt aber der Zentralverwaltung und einzelnen Firmen im Besitz von Pashtunen, so daß die Kohistanis keinen Gewinn davontragen.[14] Im Sinne einer Rückzugsbewegung steigt die Bebauung stetig höher, wobei temporäre Almen zu Dauersiedlungen[15] werden, wie z.B. in den oberen Seitentälern von Swat (siehe unten).
In den folgenden Notizen über die Kohistan-Gebiete von Dir, Swat und Hazara gehe ich von West nach Ost vor, was etwa der neueren Ausbreitungsbewegung der Stämme entspricht.
2.1 Dir-Kohistan
Der höchstgelegene Ort im Panjkora-Tal im Reich des Nawab von Dir, Tal, zeichnet sich durch eine bemerkenswert schöne Moschee aus, die als Musterbeispiel für kohistanische Holzbauweise gelten kann. Die enorm dicken Säulen und Tragbalken aus Zedernstämmen sind reichlich verziert mit Schnitzereien und bunt mit Ornamenten bemalt.[16] Die mit der Breithacke gehauenen und mit Beitel geglätteten Formen sind an Pflanzenvorbildern orientiert, nur die Kapitelle gleichen wie überall im Hindukusch einem schneckenartigen Widdergehörn. Die überkragenden Dachbalkenenden stellen Pferdeköpfe dar. (Abb. 1)
In Patrak - in der einheimischen Bashgari-Sprache Rashkot genannt - einem Ort talabwärts, sah ich in Wegnähe einen Friedhof mit eigenartigen Holzgerüsten. Die vier Eckpfosten enden in geschnitzten Wasserkrügen mit Tülle zum Gießen, wie sie für die rituelle Waschung verwendet werden (hanafiya). Diese sonst in Kohistan nicht beobachtete Darstellung von Wasserkannen auf Holzkenotaphen hat eine überraschende Parallele auf einem Friedhof in Laghman (Afghanistan), wo auf einer giebelartig überdachten Holztruhe in der Mitte des Dachfirstes ein hölzerner Krug mit Tülle dargestellt ist.[17]Friedhof in Patrak (Dir-Kohistan)
Unter den Holzgerüsten von Patrak ragen wie Grabstelen nach vorne und hinten je ein holzgeschnitzter Drachenkopf mit Krönchen heraus.[18] Zu diesem Friedhof gehören die im islamischen Orient üblichen Fahnen, meist grün oder weiß, an der Spitze langer Stangen. (Abb.2)
2.2 Swat-Kohistan
Am Hauptfluß von Swat ( auch Suat, Sohat u.a.) aufwärts reisend überschreitet man bei der Ortschaft Bahrein (arab. = "zwei Wasser", da sich hier zwei Wildwasser zum Fluß vereinigen) eine kulturelle und klimatische Grenze. Hier beginnt Kohistan, dessen Bevölkerung spürbar anders aussieht und lebt als die Pashtunen. Am deutlichsten wird der Unterschied in der materiellen Kultur, nämlich an Moscheen und Gräbern, sowie in den Tänzen und den Dialekten erkennbar. Im südlichen Teil wird Torwali gesprochen, im nördlichen um Kalam hauptsächlich Gawarbati.[19] Fussman[20] stellt fest, daß Gawar Bati in Swat-Kohistan vor dem 15. Jahrhundert fremd sei und vom rechten Ufer des Kunar-Flusses stamme, während Torwali von Süden, wohl von Buner, hinaufgedrängt worden sei. Die Klimagrenze macht sich im Feldbau und im Winter beim Transport als Schneegrenze bemerkbar.
Wichtigster Ort von Swat-Kohistan ist Kalam, etwa 30 km oberhalb von Bahrein. Er liegt in einer breiten Talaue am Zusammenfluß zweier Quellflüsse auf etwa 2000 m Höhe. Die einzigartige Hauptmoschee des Dorfes ist um 1925 nach dem Vorbild einer älteren Moschee, die einem Feuer zum Opfer fiel, an derselben Stelle errichtet worden. Die bis zu 10 m langen Tragbalken und die enorm dicken Säulen sind von beeindruckender Mächtigkeit, die "jonischen" Kapitelle besitzen bis zu vier "Schnecken" (Abb.3). Der im Sommer benützte Moscheeraum ist nach drei Seiten offen, nur durch eine zaunartige Balustrade abgetrennt, der innere Winterraum fast völlig abgeschlossen und heizbar. Die Waschanlage ist ebenfalls völlig in Holz ausgeführt. Das Wasser zur rituellen Reinigung fließt in mäanderförmigen Rinnen und Becken direkt vom Frischwasserkanal in den Raum und spült ebenfalls die Bedürfnisanlage.
Neben der Moschee, unmittelbar am Dorfrand, befindet sich der Friedhof, der leider teilweise unter einem Erdrutsch begraben liegt. Als eine Art Grabumfriedung sind ein bis drei ineinandergeschachtelte Holzgestelle über den Gräbern errichtet. Die Toten ruhen auch hier, dem islamischen Gesetz entpsrechend, unter der Erde. (Fotos 1 - 3: Uta Topper) Einige Eckpfosten der Gestelle haben Ähnlichkeit mit einem kleinen Stupa, andere erinnern an den tibetischen Dorje (Abb.5 und 6). Die überkragenden Enden der Seitenbretter wirken wie stilisierte Vogelköpfe.
Diese Seitenbretter sowie die flachen Holzstelen am Kopf- und Fußende der Gräber sind reichlich mit Blattornamenten beschnitzt. Viele Stelen haben eine S-Gestalt, so daß sie von weitem wie Oberleiber von Pferden oder Pferdeköpfe aussehen. Auf dem Kopf tragen die Stelen drei- bis fünfzackige Krönchen (Abb.7).
Swat-Kohistan, so erfuhr ich vom Imam der Moschee von Kalam, wurde schon unter der Herrschaft des fanatischen Moghulkaisers Aurangzeb vor etwa 300 Jahren islamisiert. Man erinnert sich noch an die Grausamkeiten des Feldzuges und verehrt - wohl als Gegensatz - einzelne Märtyrer, die als islamische Missionare vor diesem Ereignis hier den neuen Glauben verkündet hatten. Über die vorherige Religion der Bevölkerung konnte weder der Imam noch sonst jemand im Ort eine bestimmte Aussage machen. Es ist anzunehmen, daß sie Ähnlichkeit mit dem Shivaismus hatte wie in anderen Gebieten Dardistans.[21]
Im westlichen Zuflußtal oberhalb von Kalam liegen die Orte Utror (Utrot) und Gabral, deren Bewohner sich untereinander und von denen von Kalam deutlich unterscheiden. Wie auch in anderen Tälern im Hindukusch sind wohl die einzelnen Dörfer geschlossene Siedlungen von ethnischen Gruppen, die zu verschiedenen Zeitpunkten eingewandert sind. Der Name Gabral deutet auf Nachfahren iranischer Feueranbeter ("Zoroastrier") hin. Die Dialekte der beiden Dörfer sind nach Aussagen der Einheimischen deutlich verschieden, die Unterschiede der Grabformen auf den Friedhöfen konnte ich selbst in Augenschein nehmen. In Utror sah ich hölzerne Grabstelen in S-Form mit drei- oder fünfzackigen Krönlein sowie hausähnliche Särge von fast 2 m Gesamthöhe mit spitzem Giebeldach. Da ich diese Dachform nirgends auf meinen Reisen zwischen Iran und Indien gesehen hatte, fragte ich hier erstaunt nach dem Grund, konnte aber keine Antwort erhalten. (Abb.7)Fotos: Gräber in Kalam
Zum beachtenswerten Brauchtum der Bewohner dieses Seitentales möchte ich auf die Tänze der Burschen und jungen Männer hinweisen, die mir in ihrer natürlichen Anmut und archaischen Selbstverständlichkeit denen der benachbarten Gebirgsbewohner, die alle gute Tänzer sind, überlegen schienen. Im Gegensatz zu den kriegerischen Tänzen der Pashtunen hat sich hier eine freundlichere Variante erhalten, wobei der Vogeltanz charakteristisch ist: mit den Armen und Händen werden die Flügel großer Stelzvögel nachgeahmt.
Das östliche Zuflußtal oberhalb von Kalam mit der Ortschaft Ushhu und der Alm Matiltan, das ich mit meiner Frau 1967 erwanderte, wird mehr und mehr zum festen Siedlungsgebiet der Hirten.
Die unterhalb Kalams am Swatoberlauf gelegenen Orte sind
ebenfalls nicht einheitlich hinsichtlich Brauchtum, Kunsthandwerk und
Dialekten. Im Ort Fatehpur überrascht die Vielfalt der Grabpfosten, die hier an
Stelle von Steinen an Kopf-und Fußende der Gräber gestellt werden (Abb.8 u. 9).
Einige Gräber sind sauber mit Steinen eingefaßt, die eine außen herumlaufende
Terrasse bilden. Die runden oder viereckigen Holzpfosten sind kunstvoll in
durchbrochener Technik gearbeitet und reich beschnitzt, wobei Pflanzenmotive
vorherrschen. Außerdem gibt es anthropomorphe Bretter (Abb. 8 ganz rechts), wie
sie im Turk-Bereich häufig sind. Das Zusammentreffen so verschiedener Stile auf
demselben Friedhof läßt auf eine zusammengesetzte Dorfbevölkerung schließen.
Obgleich ich nichts am Ort darüber erfahren konnte, nahm ich an, daß hier
Flüchtlinge aus Kashgar leben, die seit der kommunistischen Invasion des
nördlichen Nachbarlandes in immer größeren Gruppen über die fast 6ooo m hohen
Pässe in Kohistan einsickern.
Bemerkenswert sind auch die geschnitzten und verzierten Holzsäulen der besseren Wohnhäuser in diesen Orten bis Bahrein.[22] Je stärker die islamische Durchdringung des Gebietes fortschreitet, desto schematischer und flächendeckender werden die Verzierungen von Hausteilen und Gebrauchsgegenständen.
Übrigens tragen alle Orte auch einheimische Namen, Fatehpur, Laikot und Bahrein sind die offiziellen Pashto-Namen, Ashrit, Chodgram und Peshmal sind Kohistani-Namen. Bahrein hieß bis zu seiner 1943 verordneten Umbenennung Baranial. Das dort mündende Seitental Darel Khwar wäre von besonderem Interesse für Feldforschungen, ist aber bisher kaum beachtet worden.
2.3 Hazara und Indus-Kohistan
Hazara ist der nordöstlichste Teil der Nordwestgrenzprovinzen und liegt als einziger östlich des Indus; Kunhar und Jhelum bilden die Grenze zu (Azad-)Kashmir und Punjab, im Süden am Indus grenzt der Attock-Distrikt an. "Thus the district is like a wedge of British territory driven between Kashmir on the east and the independant hills on the west."[23]
Diese "unabhängigen Hügel " am Indus, auch Black Mountains genannt, waren der letzte Teil des indischen Dominiums, den die Briten vor ihrem Abzug erkundeten. Angeblich lebten die Bewohner von Sklavenhandel und Raubüberfällen, jedenfalls wehrten sie sich heftig gegen die Zentralgewalt. Noch heute (1990) verbietet die Touristenverwaltung den Besuch der abgelegenen Seitentäler ohne polizeiliche Bedeckung. Auch 1971 galt Hazara als nicht Pashto speaking area,[24] die Hauptsprache ist Hindko; die Frauen gehen unverschleiert ihrer Feldarbeit nach.
Bis zu Sir Aurel Steins Reise 1926[25] und Fredrik Barths 14-tägiger Erkundung im Jahre 1954 war Indus-Kohistan ein praktisch unbekanntes und von Europäern (außer zur militärischen Spionage) kaum betretenes Gebiet. Mit Jettmars ersten Reisen in den 70er Jahren beginnt die eigentliche Erforschung des Bereiches nördlich von Besham bis Tangir und Darel, wobei - wie auch bei Barth[26] - das "freie Gebiet" Elai (Alai) am Südrand nur gestreift wird, während es den nördlichen Bereich für meine Erkundung 1967 bildete. Die Aufzeichnungen meines mehrmonatigen Aufenthaltes geben mithin einen fast jungfräulichen Zustand dieses traditionsreichen "Zwischengürtels" wieder.
2.3.1 Geschichte Hazaras
Der älteste schriftlich erhaltene Name des Gebietes zwischen Indus und Jhelum lautet Urasha, bis heute in den Ortsnamen Orash und Rash Plains noch lebendig.[27] Im Mahabharata heißt das Gebiet Uraga. Ptolemäus gibt als Namen für das Land zwischen Bidaspes (=Jhelum) und Indus Arsa und Ovarsa an, ferner den Namen eines Königs Arsakes (327 v.Ztr.). Die buddhistische Bekehrung unter König Ashoka ist in zahlreichen Felsinschriftern bezeugt, berühmt sind die Edikte am Fuße des Bareri-Hügels, einer alten Pilgerstätte bei Mansehra, die auf 272 v.Ztr. datiert werden.
Eine Sage mit möglicherweise historischem Kern erzählt von einem Hindukönig Raja Rasalu, (der ins 2.Jh. u.Ztr., also in die Kushan-Zeit datiert wird,) der den Riesen Raksha schlug und in eine Höhle sperrte, weil dieser mit der Königin Liebespiele getrieben hatte.
Der Chinese Hiuen Tsang kam auf seiner Reise (629-642) auch durch die Hauptstadt Mangali[28] des Gebietes Wu-La-Si (= Ovarsa), das damals von Kashmir abhängig war.
Chavannes[29] fand in westtürkischen Dokumenten den Namen U-La-Che.
Im 11.Jahrhundert war Urasha wiederum von Kashmir abhängig: König Kalasha (1063-1089) besiegte den König Abhaya und dessen Prinzen und machte sich durch Heirat zum Herrn über Urasha. Timur Leng setzte den Heerführer Kurlag Turk 1399 als Oberherrn des Gebietes ein, und auf dessen Besatzungsheer von 1000 Mann soll der heutige Name Hazara (pers. 1000 = hazar) zurückgehen, was wohl ebenso wie beim afghanischen Hazarajat eine nachträgliche Etymologie ist.
Nach der großen Einigung aller Pashtunen unter Abd-ul-Ghafur Khan 1749 [30] begann die Ostwanderung vieler Stämme, die noch heute in Liedern und epenartigen Erzählungen lebendig ist. 1752 wurde Hazara von Ahmed Shah Durrani überrannt.[31] Unter Führung der Khan-Khel aus Thana Bakhta in Swat eroberten die Swathis (sic!), die vom Kurram-Fluß und aus der Shilmand-Gegend über Tirah und Hashtnagar durch Mahmud Ghaznawi nach Swat gelangt waren,[32] die Kohistan-Gebiete am Indus,[33] während die nicht weniger stolzen Gakhar, die schon vorher in Rawalpindi eingedrungen waren, den südlichen Streifen von Hazara besetzten. Als Gefolgsleute dienten ihnen Gujar, Kharral und Dhund.
Der Führer der Khan-Khel, der die Dilazak, frühere Bewohner von Ost-Swat, vor sich hertrieben, eroberte die Festung Nakot, womit die Landnahme ihren Abschluß fand, denn die Einnahme dieses heiligsten Grabes des Landes beinhaltet die geistige und weltliche Herrschaft über das Gebiet. Jalal Baba, der Ahnherr der heutigen Dynastie, wurde im Heiligtum zum Khan geturbant und von allen Bevölkerungsgruppen als unumschränkter Herrscher anerkannt. Die Sikh-Eroberung von Hazara durch Ranjit Singh 1818, die endgültige Unterwerfung 1836 durch die Gakhar von Khanpur und die "Pazifizierung" durch den Briten James Abbott 1847 änderten an der Herrschaft der Khan-Khel über die "Black Mountains" nichts mehr.[34]
Die Khan-Khel bezeichnen sich selbst als Koreish, d.h. vom Stamme des arabischen Propheten Mohammed, sind aber de facto reine Moghul-Abkömmlinge, die in gerader Linie durch Cousinenheirat aus dem kaiserlichen Geschlecht der Timuriden hervorgegangen sind, was sie mit genealogischen Tafeln belegen. Cousinenheirat zur Wahrung der Legitimation ist auch heute noch strenge Regel in der Herrscherfamilie. Die Vorstellung, daß "reines Blut" höheren Adel und wertvollere Menschen ergibt, ist auch in der untergebenen Bevölkerung Glaubensgrundsatz,[35] und Cousinenheirat darum nicht nur eine Forderung der Machtkonzentration, sondern auch Prestigenotwendigkeit.
Der erstgeborene Sohn des Khans ist automatisch Nachfolger in der Herrschaft über den Stamm und das Land. Der Zweitgeborene regiert als Sultan von Bhoy ein kleines Grenzgebiet am strategisch wichtigen Übergang nach Kashmir. Die Residenzen des Khans sind hauptsächlich die beiden Festungen Gari Habibullah und Nilishang. Zur Befriedung von Kohistan unterhält der Khan eine kleine Truppe. Die pakistanische Regierung zahlt ihm dafür als Aufwandsentschädigung jährlich 1 lakh (=100 000)Rupien, doch ist diese aus britischer Zeit stammende Summe heute nicht mehr ausreichend, so daß der Khan zu Übergriffen gezwungen ist, um seine Herrschaft zu erhalten.
Die Bevölkerung begegnet dem Khan mit einer ans Religiöse grenzenden Scheu und Verehrung. Die Bezeichnung "kultisches Königtum", die Jettmar[36] für Hunza prägte, trifft auch hier zu.
2.3.2 Bevölkerungsgruppen
1. Die wichtigste Gruppe bilden die pashto-sprechenden Swathis, die unter den Khanen vor rund 200 Jahren aus Swat über den Indus gebracht wurden und sich zur Unterscheidung von den dort verbliebenen Swatis als Swathis bezeichnen. Sie sind Verwandte der Yussufzai und gliedern sich in zwei Hauptgruppen: die Ghabri (oder Utli-Pakhli) in Kaghan, Balakot, Gari Habibullah, Konsh, Mansehra und Shinkiari; und die Mamiali-Mitrawi (oder Tarli-Pakhli) in Bhairkund, Agror, Tikari und Daishi. Sie sind Bauern und Soldaten, die direkt dem Khan unterstehen. Man beachte, daß beide Gruppennamen auf vorislamische iranische Begriffe zurückgehen: Ghebr bezeichnete vor allem in der arabisch-persischen Terminologie die Zoroastrier oder Feueranbeter, und Mitrawi geht auf Mitras, den iranischen "Vermittler"-Gott, Hüter der Verträge, zurück.
2. Den Swathis statusgleich[37] sind die Sayad, die ebenfalls mit dem Eroberer Jalal Baba gekommen sind und heute noch geschlossene Gebiete am Oberlauf des Sirin und in Kaghan bewohnen. Mit den "Alt-Moslems", die vor dem Mongolendruck aus den Städten Turans flohen, also den Bukhari, Tarimzai, Mashhadi, Bakri und Gilani, die ebenfalls als Sayad zusammengefaßt werden, haben die Khan-Khel Sayad nichts gemein, können auch nicht mit ihnen Heiraten eingehen.
Der Führer der Khan-Khel Sayad trägt den Titel Pirana Pir (= heiligster Heiliger), er wird auch Germi Wallah genannt und erhält vom Khan eine monatliche Zuwendung in Form eines Sackes Rohzucker und zweieinhalb Rupien.
Ein Unterstamm der Sayad, die Shah-Khel, auch Garjr genannt, gilt als ausgesprochen tapfer im Kriege.
3. Den ersten beiden Gruppen nicht ebenbürtig, aber doch als Freie geachtet, sind die Khoja (Meister, richtiger Plural Khwaja), meist Händler und Dienstleute.
4. Ebenfalls Freie sind die Angehörigen einer hochgestellten Familie aus Tangir und Darel, die Bamba, die unter der Herrschaft des Khans leben.
5. Den größten Teil der von den Khan-Khel unterworfenen einheimischen Bevölkerung bilden die Hindko-sprechenden Gujr (Gujar). Sie sind halbfreie Bauern und Diener und die Träger der im folgenden Abschnitt beschriebenen Kulturformen. Ihr priesterlicher Stamm, die Chechi, gliedert sich in die beiden Unterstämme Bandr und Shurimar. Die übrigen Unterstämme heißen : Kitana, Bumla, Pashwal, Jindr und Awan. Die Awan sind in Hazara stark vertreten.
6. Reste der Dilazak (vorpashtunische Bauern aus Swat) leben in Tarbela und Amb sowie in Chachh in Hazara.
7. Kharral, Dhund und Sarara leben in und um das Sultanat von Bhoy. Die letzten beiden Stämme gehen Heiraten miteinander ein. Es heißt, daß sie vor ihrer Bekehrung zum Islam Hindus waren.
8. Die eigentlichen Kohistanis sind erst seit relativ kurzer Zeit zum Islam übergetreten. Sie wohnen in den höheren Tälern, vor allem in Elai, das als noch nicht unterworfenes Gebiet gilt und dem Khan nur durch Treueschwur der Familienoberhäupter zugehört. Ihre Sprache, dem Hindko verwandt, wird als Khodwari bezeichnet.
9. Von November bis Ende März ziehen verschiedene Stämme der
Powinda ( d.h. Händler), Kamelnomaden aus Afghanistan, durch den Norden
Pakistans. Sie haben auch Weiderechte in Hazara, einige schlagen ihre
Winterquartiere im Gebiet des Khans auf und müssen ihm dafür Abgaben leisten.
Sie sind ein Zweig der Ghandara-Nomaden, einer der vier Teile des
Paktuike-Volkes.[38]
Im Beobachtungszeitraum verminderte sich diese Wanderbewegung, da die
Durand-Grenze schärfer bewacht wurde.[39]
10. Völlig verachtet sind die Jat, ein zigeunerähnliches
Wandervölkchen, sowie auch jene Gujr (nicht zu verwechseln mit 5) , die als
besitzlose Saisonarbeiter scharenweise das Land durchstreifen.[40]
Stammeskataloge von der hier wiedergegebenen Art drücken immer ein politisch-soziales Programm aus, das vom Informanten und dem jeweiligen Zeitpunkt abhängt.[41]
Interessanterweise kann man auch hier - wie in allen Stammesgesellschaften - die Angehörigen der verschiedenen Stämme und zuweilen sogar die Sippen auf den ersten Blick richtig einordnen. Mischehen sind streng verpönt, nicht nur in den "besseren" Familien. Jeder Einzelne ist sich stets bewußt, ob sein Gegenüber zur Gruppe der möglichen Heiratspartner gehört oder nicht. Aber zu den zahlreichen Aussagen über das auffällig "europide" Aussehen der Kohistanis, ihre helle Haut-, Haar- und Augenfarbe usw., möchte ich keine Stellung nehmen, denn wie Kussmaul[42] richtig festgestellt hat: sprachliche, kulturelle und anthropologische Begriffe dürfen nicht vermischt werden!
Bis zur Teilung Indiens 1947 war Hazara "heiliges" Land der Hindus und hat manchen gebildeten Hindu hervorgebracht. Dichter und Tänzer der Brahmin-Kaste leben noch heute hier und sind als Leibeigene an den Fürstenhöfen anzutreffen, wo sie bei Festen auftreten. Das Verhältnis der Moslems zu den verbliebenen Hindus ist vorbildlich tolerant, wofür ich zahlreiche persönliche Erlebnisse anführen könnte.
Zu den kulturellen Darbietungen am Hofe des Khans, denen ich mit meiner Frau häufig beiwohnen durfte, gehören einerseits die Rezitation von Dichtung und Liedern in Dari ("höfisches" Persisch) und Pashto, auch in Punjabi und Sindhi, dazu auch die Aufführung von Schwert- und Hochzeitstänzen, ferner Wettkämpfe zu Pferde usw. wie bei allen Pashtunen, andererseits aber - und das überraschte mich im islamischen Gebiet - typische Hindutänze, die von hochbegabten und fürstlich belohnten Tänzern (stets Männern in Frauenkleidung) mit einheimischer Musikbegleitung nachts aufgeführt wurden.
Nur ein kleiner Teil der Bauern siedelt um die Festungen und Marktdörfer, die meisten wohnen verstreut in Einzelhöfen und Weilern. Sowohl Ackerland als auch die Gebäude sind Eigentum der Herrscherfamilie. Wie überall sind die Felder terrassiert, Bewässerung mit Kanälen ist jedoch selten. In tieferen Lagen wird Reis angebaut, höher hinauf Getreide und Mais, auch Kartoffeln und Gemüse. Ziegen und Schafe werden nur in den bewaldeten Gegenden (hauptsächlich Elai) gehalten, ansonsten ist Viehzucht auf ein paar Rinder und Büffel beschränkt. Der Khan hält Pferde, die reihum geweidet werden müssen.
2.3.3 Grabsitten
Seit alters berühmt im Hazara-Gebiet sind die aufwendigen Trauerfeierlichkeiten für Verstorbene. Beim Tod eines Familienoberhaupts wird ein großes Fest gegeben, zu dem Angehörige aus allen Teilen des Landes zusammenkommen. Der Höhepunkt der Feier liegt am dritten Tag nach der Beisetzung, die entsprechend der islamischen Vorschrift am Todestag selbst stattfinden muß. Man verteilt freigebig Almosen in großen Mengen und beköstigt die Trauergäste überreichlich mit Speisen und Getränken. Fast kann man von einem Fortleben der Verdienstfestsitte sprechen.
Ähnlich aufwendig sind auch die Nachfeiern nach 40 Tagen und nach einem Jahr sowie die Errichtung der Grabanlagen.
Während in den südlichen Teilen Hazaras und um Mansehra der Islam seit "undenklichen Zeiten" gefestigt ist und die Gräber dort einen vorbildlichen islamischen Eindruck machen (Abb. 9, 1 u.2), meist mit Kacheln und Bemalung versehen, wobei die Ärmeren nur Steinplatten setzen, allerdings unvorschriftmäßig längs zum Grab, und oft ein Sockelgrab als letzter Rest älterer Formen zu sehen ist (Abb. 9, 3), bieten die Gräber in den hier betrachteten Gebieten um Battal (am Oberlauf des Konsh), um Ugi (am oberen Unar) sowie in Nilishang, Rajwari und Elai, einen archaischen Eindruck, der auf das Fortleben vorislamischer religiöser Formen hinweist.
Abb. 9, 1 - 3
Die Friedhöfe liegen über das Tal verstreut auf bewaldeten Hügelkuppen oft in Nähe der Weiler und Orte, jedoch selten am Dorfrand. Meist wurden landschaftlich hervorstechende Flecken dafür ausgewählt, etwa große Felsbrocken, Flußmündungen oder beherrschende Hügel und Vorsprünge. Ackerland und die Nähe von Quellen sind ausgeschlossen. Das Waldstück ist sakral, die Bäume dürfen nicht geschlagen werden. Auf diese Weise wurden Inseln des einst alles bedeckenden Waldes gerettet. Außer zum Beerdigen der Toten dienen diese Waldreste auch als Viehweiden und als Stätten der Andacht und Erholung. Meist sind sie von Durchgangswegen durchquert. Einzelne Teile eines Friedhofs sind durch Terrassierung voneinander abgesetzt und durch niedrige Mauern getrennt, wohl nach Sippenbesitz. Zu manchen Friedhöfen gehört ein freier ummauerter und baumumstandener Platz, der wahrscheinlich früher als Tanzplatz diente, heute noch bei den Feiern benützt.
Die ganze Anlage der Friedhöfe macht einen geplanten und gepflegten Eindruck, der im Gegensatz zur landesüblichen islamischen Praxis steht. Auf einigen Gräbern sind Blumen gepflanzt, meist Schwertlilien. Am Donnerstag gehen Frauen in kleinen Gruppen auf die Friedhöfe, pflegen die Gräber und vergnügen sich; dieser Tag heißt darum in Pashto Ziyarat-roz (= Besuchstag, Gräbertag).
Die Orientierung der Gräber weist zwar entsprechend der sunnitischen Vorschrift einigermaßen einheitlich nach Mekka, aber die am Kopf- und Fußende aufgestellten Grabsteine entsprechen nicht der Sunnah: Sie stehen quer zur Richtung des Grabes, wenn eine Frau bestattet wurde, und längs, wenn ein Mann beerdigt ist, also umgekehrt wie die übliche Weise.
Zwei Typen von Gräbern lassen sich leicht unterscheiden:
1. Erdhügelgräber: Sie tragen zwei behauene Steine, je einen am Kopf- und Fußende, meist in Längsrichtung, auch bei Frauengräbern. Diese Steine sind zwischen 80 und 150 cm hoch, etwa 60 cm breit und rund 10 cm dick. Meist handelt es sich um grauen Sandstein oder um Schieferplatten. Sie sind ornamental behauen in Form von stilisierten Tieren, entfernt an Pferde oder Vögel erinnernd. Da sie nach außen schräg herausragend aufgestellt sind, wirken sie wie Schiffsenden, wie Wikingersteven (Abb.11).[43] Die darauf eingeritzten oder gravierten Muster, auch Flachreliefs, sind teils rein geometrisch ornamental, teils vegetabile oder astrale Stilisierungen. Manchmal wird auch das Handwerkszeug des entsprechenden Verstorbenen dargestellt oder eine Gruppe von "Schriftzeichen", die aber nicht lesbar sind. (Abb. 12 bis 17).
2. Terrassengräber: Sie sind wie kleine Stufenpyramiden aus
drei Ebenen mit regelmäßigen Steinplatten aufgeführt. Die Muster an den Wänden
ahmen Holzschnitzmuster nach, in der Hauptsache verschlungene Kreise,
Lotusblüten und Weinranken. An den vier Ecken stehen Pfosten aus Sandstein, die
oft täuschend wie Holzpfosten aussehen.
3. Eine Kombination der beiden Typen tritt bei reicheren,
vor allem neueren Gräbern auf. Die Nachahmung der Holznatur auf diesen Steinen
ist besonders gekonnt. Zu diesem Typ gehören auch einige Doppelgräber, die also
sechs Eckpfosten aufweisen. Ob es sich dabei um Gräber von Ehepaaren handelt,
konnte ich nicht erfahren, nehme es aber an. (Abb.18).
4. Riesengräber findet man in ganz Hazara verstreut. Es sind Einzelgräber von bis zu neun Meter Länge, daher ist der häufige Name "Nau gaza Baba" ("neun Schritte Vater") abgeleitet. Sie werden den heute ausgestorbenen Riesen (Deo) zugeschrieben, von denen viele Geschichten im Volksmund im Umlauf sind. Oft sind die Gräber von einem Steinkreis umgeben, mit Fahnen geschmückt und erfreuen sich allgemeiner Verehrung.
Die Gräber der Riesen werden noch heute gepflegt und von
allen Bevölkerungsgruppen verehrt. Zu den häufigsten Erzählungen der einfachen
Leute in Nilishang gehören folgende: Die Deo waren sehr große Menschen, bis zu
neun Meter hoch, und mit bildschönen Frauen verheiratet. Sie hatten große
Augen, die schräg standen - nicht senkrecht, wie andernorts erzählt wird (z.B.
Jettmar 1960 b: 124). Früher wohnten die Deo in "Kaukasia", wurden
aber durch eine große Dürre und Hungersnot gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.
Zwei Stämme, die Jandi Sher und die Sona Sher (sona = Gold) drangen mit
unüberwindlicher Schnelligkeit in das Gebiet zwischen Kabul und Hazara ein und
eroberten es. Sie aßen auch Menschen und werden darum noch heute von den Leuten
gefürchtet, obgleich man allgemein annimmt, daß sie ausgestorben sind. Ihre
Geister leben jedenfalls weiter.[44]
Außer den Deo gibt es hier noch die Feen, Peri (in Pashto: Hapiró), die vor allem am hochgelegenen See Seif-ul-Muluk (arab. "Schwert der Könige") leben und in vielen Märchen vorkommen; sodann die Zwerge, Bunya ("Fäustchen"), die nur vier Fingerglieder besitzen, und die schönen Waldfrauen, Perli und Rui, die vor allem junge Männer erotisch betören, an sich binden und dann verderben. Von keiner dieser Gruppen, die zum allgemeinen Erzählgut Nordindiens gehören, werden Gräber erwähnt.
Die Deo mit ihren speziellen Gräbern nehmen also eine
Sonderstellung im Sagenschatz ein; ihre militärische Fähigkeit und die Aufteilung in Stämme lassen einen
frühgeschichtlichen Hintergrund vermuten.
5. Der geistige Mittelpunkt des Swathi-Gebietes ist das schon erwähnte Grab des Dewana Raja Baba ("göttlicher König Vater") von Nakot. Es liegt mitten in einer Festung in Guli Bagh, drei Meilen von Baffa entfernt. Durch die Eroberung des heiligen Grabes wurden die Khan-Khel zu Herrschern des Landes. Einmal im Leben muß jeder Khan dorthin pilgern, denn von dort empfängt er seine sakrale Stellung als Herrscher. Alljährlich im März stiftet er dem Grab ein Pferd und ein weißes Tuch. Ich nehme an, daß dieses Heiligtum - wie viele andere in Dardistan - ursprünglich einer Pferdegottheit geweiht war, die den Herrscher einsetzte und ihm Macht verlieh. Der Ausdruck Grabmal sollte in diesem Zusammenhang nicht wörtlich genommen werden, denn zahlreiche vorislamische Heiligtümer erhielten den Status eines (Märtyrer-)Grabes, als sie in den islamischen Kult übernommen wurden. Oft geht der Name des ersten Missionars auf den Ort über. [45]
2.3.4 Die Ornamente der Grabstelen
Die Bestattungsweise in überirdischen Holzsärgen, die heute nur noch bei den Kalash (Chitral) üblich ist, könnte schon mehr als zwei Jahrtausende zurückreichen, wie Jettmar (1979: 300, auf Lenz 1938 basierend) deutlich macht: Als Alexander d.Gr. die Bergstämme bekämpfte, befahl er, ihre Gräber zu verbrennen.
Während die Grabstelen in Kohistan meist in Holz ausgeführt sind, werden sie im Bereich zwischen Elai, Nilishang und dem Sirin-Tal aus Stein hergestellt, da Holz zu kostbar ist. In Anbetracht der ohnehin sehr aufwendigen Feiern und Grabanlagen ist dieser Hinweis auf die Holzknappheit nicht einleuchtend. Schuster (1960: 44f) hat zum Ausdruck gebracht, daß der Ersatz von Holz durch Stein möglicherweise ein der megalithischen Kulturform innewohnender Prozeß ist, der geistige und nicht wirtschaftliche Gründe hat. Die getreue Wiedergabe der traditionellen Ornamente in Stein statt in Holz, das ja auch einen anderen Handwerkertyp erfordert, ist bemerkenswert.
Unter den kosmischen Motiven sind Sonnen und Sterne häufig vertreten; der Mond fehlt nicht, spielt aber eine geringere Rolle. Die Sonnenzeichen und Swastika lassen an die Wiedergeburtsvorstellung denken, die dem Shivaismus und Buddhismus eigen ist, aber höchstens noch kryptisch im schiitischen Islam weiterlebt.
Die häufigsten Pflanzenmotive gehen auf Weinranken, Efeu und Schwertlilie zurück. Menschliche und tiergestaltige Darstellungen sind oft bis zur Unkenntlichkeit verschleiert, wodurch ein Verstoß gegen das islamische Gesetz vermieden wird. Pferde und Vögel sind die Hauptmotive.
Abb. 18: Doppelgrab in Nilishang (Hazara)
Bei einigen anthropomorphen Figuren, etwa den Eckpfeilern des Doppelgrabes (Abb. 18), glaube ich, die typische Spitzmütze wiederzuerkennen, die auch die Kalash-Statuen ziert (Topper 1977a: Abb. 14-18), und die wohl auf die spitze Kapuze des Hirtenmantels zurückgeht.
Manche Grabsteine zeigen auch Handwerkszeug des
Verstorbenen, so etwa Werkzeuge des Steinmetzen auf einer Stele in Biari/ Elai
(Abb. 14) [46]
Eigenartig finde ich die Durchbrüche, die "Löcher", die viele Stelen aufweisen, hölzerne wie steinerne. In der Gebrauchskunst treten sie nur bei den tönernen Kohlebecken auf, wo sie funktional begründet sind. Ob sie bei den Grabstelen Tore zum Jenseits bedeuten, etwa in dem Sinne, den Jettmar (1975 R.d.H.: 361) für die Öffnungen in den Altären der Kalash erschlossen hat?
Der innere Zusammenhang mit dem kafirischen Raum, der in den aufwendigen Beisetzungsfeiern und den denkmalartigen Grabfiguren zutage tritt, wird noch durch die Betonung des Pferdes hervorgehoben. Die freistehenden Kalash-Altäre und die Säule der Göttin Jashtak im Versammlungshaus sind mit hölzernen Pferdeköpfen geschmückt, auf den Friedhöfen und Feldern stehen Reiterstatuen, besonders auffällig die zuletzt noch in Rumbur aufgestellte Figur eines Reiters auf einem doppelten Pferd (Topper 1977a: Abb. 18 u. 19)[47]. Die starke Stilisierung der Pferdegestalt in den kohistanischen Figuren, sei es an Moscheedächern oder auf Gräbern, könnte schon unter buddhistischer Herrschaft erfolgt sein, denn auch jener wird der iranische Pferdekult anstößig erschienen sein. Die Überlebenskraft des Pferdemotivs ist umso erstaunlicher, als Kalash wie Kohistanis aus wirtschaftlichen Gründen seit einigen Generationen keine Pferde mehr halten können.
Die Pflanzenmotive waren weniger verdächtig und daher auch weniger gefährdet. Wein, Efeu und Lilie sind zwar weder islamisch noch buddhistisch inspiriert, doch ohne Kenntnis der Hintergründe harmlos genug, um geduldet zu werden. Über die große kultische Bedeutung des Weines in ganz Dardistan ist von allen Reisenden berichtet worden (Jettmar 1973). Der rituelle Umtrunk bei den Totenfeiern der Kalash ist berühmt (Topper 1977a: 226, 235, 271).
Wegen der engen Beziehungen zu den Kalash, die hier aufgezeigt wurden, sei noch angeführt, daß einige Ortsnamen in Hazara diesen (ethnischen?) Begriff enthalten: Ein Ort und ein Fluß im östlichen Kohistan nahe dem Indus heißt Kalash Khwar, verschiedene Ortschaften im ganzen Hazara-Distrikt heißen Kalas. Ein Bergpaß oder Grenzpunkt wird allgemein Kandao genannt, was sich auf eine ursprünglich dort aufgestellte anthropomorphe Statue - in der Kalash-Sprache "Gandao" - beziehen könnte.
Allerdings läßt die reiche Ornamentik der kohistanischen Gräber auf zahlreiche verschiedene Einflüsse schließen. In der Tat hat jedes Tal und oft innerhalb eines Tales jeder Ort seine charakteristischen Stelen und Grabformen, was nicht nur mit der Isolierung der Täler, sondern auch mit unterschiedlicher Herkunft und Einwanderungszeitpunkt der Bewohner zusammenhängt, was ja im übrigen auch in der poetischen Überlieferung noch deutlich erhalten ist.
Trotz aller lokalen Besonderheiten ist die Einheitlichkeit der Grabkunst in Dardistan - auch im weitesten Bereich von Afghanistan bis Baltistan - augenscheinlich. Einige Beispiele aus Laghman (Abb. 19-21, Zeichnungen des Verfassers nach Fotografien von Peter Snoy) lassen erkennen, daß auch in Afghanistan die charakteristischen Merkmale auftreten, sowohl in der Formgebung als auch in der Ornamentik. Vom östlichen Ende dieser kohistanischen Diagonalen, in Tangir und Darel (Gilgit-Agency), liegt entsprechendes Material vor (Abb. 22). Der Scheinsarg erinnert an die überirdische Bestattungsweise, und die Holzstele ist deutlich anthropomorph, sie könnte eine kniende Gestalt wiedergeben.
.Abb. 19-22: aus Laghman - Ab. 23: aus Gilgit (nach Fotos von Peter Snoy)
Ein sehr altes und im Orient weit verbreitetes Motiv, das auch mehrfach auf Felsbildern entlang der neuen Karakorumstraße zu sehen ist, entdeckte Frembgen (1996: Abb.3) auf einem Grabstein in den Gangar-Bergen (Hazara): Es zeigt den Weltberg mit 13 Stufen und auf der Spitze eine Sonne.
Die ethnographische Erkundung dieser "Muslim graves of the lesser tradition", wie Burton-Page (1986: 249) sie im Gegensatz zu den Grabformen traditionell islamischer Art genannt hat, steckt noch in den Anfängen. Burton-Page erkennt den engen Zusammenhang mit dem Pferdekult und weist auf entsprechende Felsbilder in der Nähe des Karakorum-Highway hin. Auch seine Beobachtung, daß manche der hölzernen Gestelle über den Gräbern den Eindruck eines Bettes (chharpay) machen, kann ich bestätigen. Bei den Kalash ist es üblich, das Bett, auf dem der Tote während des Festes aufgebahrt lag, zu zertrümmeren und die Teile auf dem Friedhof verrotten zu lassen.
Südlich von Malakand, schreibt Burton-Page weiter, gibt es Frauengräber, deren Kopfstein quer zum Grab steht, während der Fußstein längs steht, was ich ebenfalls aus einigen Gegenden Kohistans bestätigen kann. In den Gangardörfern ist laut Frembgen (1996: Abschn. 4) jede der drei möglichen Stellungen der Grabsteine zu beobachten, ohne daß eine Beziehung zum Geschlecht des Bestatteten bestünde.
Burton-Page hält die anthropomorphen Holzbretter auf den Gräbern (bei ihm Abb. 4-8) für eine Eigenart des dardischen Gebietes, was nicht zutrifft. Grabstelen dieser Gestalt kann man von Turkmenistan über Süd-Anatolien bis zum Mittleren Atlas in Marokko sehen. Zu untersuchen wäre, ob die hiesigen Bretter von einer "türkischen" Bevölkerungsgruppe oder von alteingesessenen Kohistanis stammen.
Noch ein weiterer Einwand ist zu betrachten: der der
"Halbheit" der Religionsform dieser Bevölkerungsgruppen. Zwar legt
eine Gruppe nach ihrer Bekehrung zu einer militärisch und sozial überlegenen
Religion nicht sofort alle alten ("heidnischen") Sitten ab, doch
fühlt sie sich meist als treuer Anhänger der neuen Religion (wie z.B. die
Nuristanis). Die Vorstellung von "Halbbekehrten", wie sie Buddruss
(in Snoy, Hrsg., 1983: 74) ausgedrückt hat, indem er den Namen der Nimcha
(=Halbe) in diesem Sinne deutete, ist unrichtig. Nimcha wurden die südlichen
Nachbarn von den Kafiren genannt, weil diese auf grund ihrer unkriegerischen
Haltung in der Wertskala der kopfjägerischen Kafiren nicht als ebenbürtig zählten;
ein Kafire mußte zwei Nimcha töten, wollte er als Töter geachtet sein.
3. Ausblick
Aus Mangel an Überlieferungen über die früheren religiösen Kulte der Kohistanis müssen wir uns mit einer Analyse der verbliebenen materiellen Äußerungen, also vor allem der architektonischen Reste, des Dekors und der Grabsitten beschränken. Laut Jettmar (1960 a) setzen die Schnitzornamente in Tangir und Darel die Motive der buddhistischen Gandhara-Kunst fort.
Nach meinem Dafürhalten ist der nächstliegende Kunststil im Reich der Sassaniden zu suchen.[48] Kalter (1989: 161) übernimmt - wie einen Kompromiß der beiden Vektoren - den Ausdruck "irano-buddhistischer Stil".
Offensichtlich scheint mir, daß die Hochreligionen - der Islam wie auch der vorher verbreitete Buddhismus - eher eine Auslese oder Einschränkung der volkstümlichen Motive bewirkt haben, ohne wesentliche Anregungen zu geben. Die Kunsthandwerker, die heute noch Ornamente der oben beschriebenen Art ausführen, schöpfen aus dem reichen Fundus, der vor Ausbreitung der historischen Hochreligionen im Gebirge lebendig war.
Grundlegendes Merkmal aller Bevölkerungsgruppen Dardistans ist die hohe Bewertung des Grabkultes und der Seelsorge für die Verstorbenen, die beide im krassen Gegensatz zu allen vier Hochreligionen dieses Großraumes der letzten beiden Jahrtausende stehen. In diesem Sinne kann man sogar das nordostafghanische Badakhshan mit einbeziehen, das ich 1967 aufsuchte (südlich von Djurm). Auch dort werden aufwendige Feiern und Gastmähler zu Ehren der Toten veranstaltet, sowohl bei der Beerdigung als auch zur Erinnerung. Selbst bei islamischen Festen, wie dem Id-ul-Qurban, wird der Seelen der Verstorbenen gedacht.
Die stark emotional begründete Hinwendung der Kohistanis zum Reich der Toten, die sich mit beachtenswerter Starrheit gegen alle überlagernden Vorschriften durchgesetzt hat, zeugt von einem Seelenglauben, der auf eine ursprünglich als echte Notwendigkeit empfundene Vorstellung zurückgeht und darum als Überrest einer gemeinsamen archaischen Religion aufgefaßt werden kann.
English Summary
Funeral Art in Kohistan (North Pakistan)
Ethnographical fieldwork in certain areas of Dardistan has been scarce. Especially the Kohistan intermediate belt with its intriguing remnants of pre-islamic customs and art works needs more observation. The author studied this area between 1962 and 1967 when some of its aspects were still unspoiled. His drawings and notes regarding funeral culture are published here together with reflections on their evolution. As a result of this study, different forms of Dardic funeral art are compared, thus allowing glimpses at an archaic religion that survived in this way several successive waves of Shivaist, Buddhist, and Islamic conversions.
Resumé français
Art funéraire au Kohistan (Nord-Pakistan)
La région montagneuse entre le Hindoukouch et le Kachemir, connue comme Dardistan, reste peu labouré par les anthropologues, en dépit de son trésor riche en expressions pré-islamiques. C'est surtout la zone intermédiaire du Kohistan qui nécessite des travaux ethnographiques urgents. L'auteur a ramassé des informations et des dessins sur des mosquées, tombeaux et traditions en Kohistan entre 1962 et 1967, donc dans un état presque virginal. Resulte une comparaison de différents arts funéraires du Dardistan qui donne lieu à une vue sur la religion archaïque couverte superficiellement par les conversions successives du Chivaïsme, Bouddhisme et Islam.
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Uwe Topper, leicht gekürzt Mai 2013 - Meine Kurzbesprechung der seinerzeit noch unveröffentlichten Lokalgeschichte Swat-Kohistans von A. Mankiralay (Jashni), einem Gawri aus Kalam, 1987 durch Palwal ins Englische übersetzt und in 2 Teilen gedruckt, wurde hier nicht berücksichtigt.
[1]Jettmar 1959, und 1975: VI, bes. 467 u. 469 in bezug auf das Hazara-Gebiet. Speziell für die Grabformen Burton-Page 1986: 252.
[2]Der Ethnos Darada taucht schon bei Strabo, Geographike, auf, ferner bei Plinius und Ptolemäus. Er wurde von Leitner, 1867-70 Lahore, und 1870 u. 1875 London, in die moderne Literatur eingeführt. Die Einheimischen kennen den Ausdruck m.W. nicht. Jedoch Encyclopaedia Britannica l910 : "Dardistan, a purely conventional name given by scientists ...but the inhabitants of the right bank of the Indus, from the Kandia river to Batera, apply it to the dwellers on the left bank." - Eine grundlegende Klärung der bis dahin uneinheitlich verwendeten Begriffe Kafiren und Darden hat Jettmar 1982 vorgelegt.
[3]Jettmar 1959,1965 u. bes. 1977, sowie 1980.
[4]Drews 1876 unterscheidet zwischen den Yaghistan republics Hudar, Chilas, Tangir, Darel, Gor, Koli, Batera, Palus ; und den Yaghistan rajas von Chitral, Yasin, Hunza, Nagar.
[5]Zur politischen Situation aufschlußreich James W. Spain, seinerzeit Kulturattaché der USA in Karachi, 1954 passim.
[6]Zur Definition von Hochgebirge siehe Troll, zit. in Jentsch u. Liedtke 1980: Gebirgsregion, die quartäre Vergletscherung erlitten hat und heute oberhalb der Waldgrenze liegt.
[7]Das Wort ist Persisch und bedeutet (waldiges) Bergland. Viele Gebiete in Ost-Iran, Afghanistan und Pakistan-Indien werden so bezeichnet, besonders aber der Verwaltungsbezirk um die frühere afghanische Hauptstadt Kapisa nördlich von Kabul.
[8]hierzu Scheibe 1937 DiH
[9]Barth 1956, ebenso Jettmar 1977: 411 und 417.
[10]Das gilt auch heute noch: Lincoln Kaiser, Friend by Day, Enemy by Night. Organized Vengeance in a Kohistan Community. Fort Worth 1991.
[11]Auch englische Autoren schätzen die Pashtunen höher wegen ihrer militärischen Verwendbarkeit und ihres Ehrenkodexes (Pashtunwali), der stets mit Bewunderung erwähnt wird, wobei Blutrache und Frauenverachtung als gegebener Standard akzeptiert werden. Zur Problematik derartiger Vorurteile besonders Frembgen in Snoy (Hrg) 1983: 147 ff.
[12]Jettmar l983: 504 u. passim.
[13]Uhlig in Jentsch u. Liedtke 1980 : 279 f. , bes. 299: Getreideanbau-Obergrenze = Waldgrenze = Hochweide-Untergrenze.
[14]Die von Haserodt 1989: 134 ff. mitgeteilten Beobachtungen für Chitral treffen für das gesamte Kohistan zu.
[15]so auch Uhlig, l.c: 302.
[16]Die von mir 1962 eilig angefertigte Zeichnung ist leider verschollen. Frappierende Ähnlichkeit hinsichtlich Bemalung, Schnitzerei und Kapitell hat eine Säule in der Moschee von Tagundaft (Anti-Atlas, Marokko) , abgebildet in Sijelmassi, "Les arts traditionels au Maroc", Paris 1974.
[17]Mündl. Mitt. und Foto von Peter Snoy, seinerzeit in Kabul. Die Sitte, Wasserkrüge auf die Gräber zu stellen, findet sich in vielen altertümlichen Enklaven im islamischen Bereich bis zu den marokkanischen Atlas-Gebirgen.
[18]"vermutlich vom Bild des Glanzfasans (mit seinem Federschopf) beeinflußt worden, der im ganzen Gebiet hohe Verehrung genießt" briefliche Mitt. von Karl Jettmar vom 23.4.1996.
[19]Grierson 1929: Garwi ist inkorrekt, Gawri - Barth 1956 :52 - oder Gebri ist richtig.
[20]Jettmar, R.d.H. 1975: III,17, bes. 314. - Barth 1956, 49 und 76, stellt ebenfalls fest, daß keine Erinnerung an das Heidentum überlebt hat. Die vorwiegend buddhistischen Bezüge zeigt Jettmar 1995 in Anlehnung an Tuccis Lebenswerk.
[21]Jettmar, R.d.H. 1975: III,17, bes. 314. - Barth 1956, 49 und 76, stellt ebenfalls fest, daß keine Erinnerung an das Heidentum überlebt hat. Die vorwiegend buddhistischen Bezüge zeigt Jettmar 1995 in Anlehnung an Tuccis Lebenswerk.
[22]Kalter 1989 bringt wunderschöne Abbildungen. Hinweise auf die jüngste Literatur wie diesen verdanke ich Jürgen Frembgen, München.
[23]The Imp. Gazetteer of India, vol. XIII: 75.
[24]Area Handbook of Pakistan 1971: 114.
[25]Grierson 1929.
[26]siehe seine Kartenzeichnung 1954:10.
[27]Im Elai-Gebiet soll es einen Ort Rashung geben, von dem Gabaré-Sprecher herkommen: Barth 1956:17, zit. in Jettmar 1983:507.
[28]Der Ortsname Mangla existiert noch am gleichnamigen Staudamm.
[29]Chavannes 1903, zit. in Jettmar 1977: 414.
[30]Badshah1963.
[31]The Imp. Gaz. of India, vol. XIII, v.s. Hazara.
[32]Caroe 1962.
[33]Alle Nachrichten über die Khan-Khel stammen von meinen Informanten, dem letzten Oberhaupt und seinen Verwandten.
[34]Zu Beginn des 2. Weltkriegs gelang es dem Wali von Swat, Kohistan bis Kalam und einige westliche Nebentäler des Indus zu erobern; letztere mußte er aber 1974 wieder an Hazara-District abtreten, schreibt Jettmar 1983: 503.
[35]siehe Frembgen 1983 passim.
[36]Jettmar 1975 RdH : 239.
[37]Nach Wilber 1964 : 60, stehen die Sayad unter den Pashtunen (= Swathi), aber höher als alle weiteren aufgezählten Gruppen.
[38]Ausdruck nach Herodot von Caroe 1962 mit politischer Absicht eingefgührt; zur Problematik siehe Jenata in Snoy (Hrg.) 1983 : 319 f.
[39]Hierzu bes. Jentsch 1973 : 119 f. - Wilber 1964 : 6o gibt die Gesamtzahl der die Durand-linie überquerenden Powindeh mit 70 000 an.
[40]siehe auch Jentsch 1973 : 101 f.; Uhlig 1973 : 160 f. , bes. 162; festsiedelnde Gujr in Swat-Kohistan: Snoy 1965 : 120 ; und Kalter 1989 passim; über die Ursprünge: Palwal 1993 : 180.
[41]Henninger in Snoy (Hrg) 1983 : 245 passim.
[42]Kussmaul 1952 : 309.
[43]Das Oberteil vom Ruder eines Hausbootes der Mohana auf dem Indus (im Sindh, unweit Mohendjo Daro) zeigt identische Gestalt und Dekor wie einige dieser Grabsteine: Abb. 17 in Schimmel 1987 : 32. - Über vermutete Hintergründe vgl. Topper 1977b: 232f.
[44]In Bagrot und Haramosh entsprechen ihnen die Yamalo; vgl. Snoy 1975.
[45]siehe auch Barth 1956 und Jettmar 1983 : 511.
[46]weitere Beispiele für dieses Dekor bei Frembgen 1996: Abb. 5 u. 7.
[47] Die Statue befindet sich heute im Staatl. Museum f. Völkerkunde in München
[48]Die Verbindung zum Iran zeigt Jettmar 1995, 36 und 42.