Brandopferaltäre
Wissenschaftlicher Kurzbericht in IC-Nachrichten Nr. 81

Hartwig E. Steiner berichtet in Almogaren 27 und 28 in zwei Teilen über "Brandopfer-Altäre in El Julán auf El Hierro" mit Abbildungen.

Steiner berichtet von insgesamt 17 Steinhaufen, die er im Gleichklang mit früherer Literatur als Brandopferaltäre bezeichnet. Sie liegen im Bereich der Felsbilder „Los Letreros“ auf beiden Seiten des Tagoror auf El Hierro. Ein schematischer Aufriß und Grundriß von Diego Cuscoy (1966, fig.3), der durch Steiner im 2. Teil als Tafel 20 angefügt ist, gab mir den Eindruck, daß es sich um Steinbauten handelt, die ähnlich den von mir in Südspanien entdeckten sein müßten.
Steiner beschreibt die Steinhaufen folgendermaßen: „Ein zylindrischer, sich leicht nach oben verjüngender Kegelstumpf mit einer abgeflachten Spitze. Die meist kreisförmigen oder durch geländeabhängige Anpassung auch leicht O-förmigen Steinsetzungen haben folgende Ausmaße...“ (Steiner 1996, S. 102) Diese Steinbauten sind demnach kleiner als die von mir gefundenen, meist nur 50-60 cm hoch, höchstens 1,25 m. Er zitiert aber Alvarez Delgado (1947), der einen solchen Altar von 1,60 m Höhe untersuchte. Leider fand ich bei Cuscoy keine Größenangaben. Durch Zerstörung dürften einige Bauten nicht mehr die ursprüngliche Höhe haben.

Als Beitrag für die IC-Nachrichten Nr. 81 (1998) brachte ich folgende Ergänzung:

Im Jahre 1988 entdeckte ich in Andalusien mehrere Steinstrukturen, die den von Steiner beschriebenen kanarischen Brandopferaltären sehr ähnlich sehen. Damals konnte ich die andalusischen Bauten nicht einordnen, glaube aber nun an Hand der von Steiner veröffentlichten Zeichnungen und Fotografien sagen zu können, daß sie vermutlich demselben Zweck dienten und zur selben Kulturstufe gehören dürften wie die Brandopferaltäre von El Hierro. Da die Kenntnis der andalusischen "Parallelen" Licht auf die Bauten von El Hierro werfen kann, lasse ich eine kurze Beschreibung folgen:
Auf einer schwach geneigten Wiese stehen mehrere sehr alte, etwa menschenhohe Bauten aus lose aufgeführten Bruchsteinen in Form runder Kegel ohne Spitze, umgeben von einem plattenbelegten Umgang. Die Wiese befindet sich in der Gemarkung Arroyo de los Molinos, Ortschaft Zahara de los Melocotones (= Zahara de la Sierra) zwischen Algodonales und Grazalema in der Provinz Cádiz (Spanien). Wenn man von Zahara die nach Grazalema führende Asphaltstraße hinauffährt, biegt bald nach Verlassen des Ortes links eine schmale, heute ebenfalls asphaltierte Straße zu den Mühlen am Arroyo de los Molinos ab. Linker Hand dieser kleinen Straße befindet sich eine große Wiese, die sich zum Fluß Guadalete hinabneigt. Die vier oder fünf Steinbauten stehen darauf "wahllos" verteilt.
Zuerst dachte ich, es handele sich um Steinhaufen, die aus den (vermuteten ehemaligen) Feldern hier zusammengetragen seien, aber die regelmäßige Form und die Wiederholung dieser Kegel schloß diesen Gedanken bald aus. Besonders eindrucksvoll blieb mir die äußere sockelförmige Umrandung, die leicht schräg nach innen geneigt ist, so als habe man eine Steinkugel darauf herumgewälzt, um Oliven (das Hauptprodukt dieser Landschaft heute) darin zu zermalmen. Aber eine flüchtige Untersuchung der Oberseite des Steinturms zeigte sogleich, daß hier kein Stamm gestanden haben kann, der als zentraler Pfosten einer Ölmühle gedient haben könnte. Leider untersuchte ich das innere der Strukturen nicht und kann keine Ergebnisse von "verkohlten Ziegenknochen", wie Steiner sie fand, vorweisen.
Alle Bewohner der Umgebung, die ich recht gut kenne, antworteten mir auf meine Fragen, daß sie die Steinhaufen kaum wahrgenommen hätten und nicht wüßten, wer sie erbaut habe und zu welchem Zweck. Die primitive Bauweise, die dennoch äußerst stabil ist, läßt auf hohes Alter schließen.
Der Umgang ähnelt dem der kanarischen Altäre, hat aber zwei Besonderheiten. Er befindet sich in etwa 30 cm Höhe über dem Boden, und er ist schräg nach innen geneigt, mit einer Art Rinne am Innenrand.
Da sich die Monumente nahe an dem im Bau befindlichen Stausee des Guadalete befinden und überdies genau dort, wo die neue Autobahn entlangführen soll, könnte es sein, daß sie bald zerstört werden. Sie sollten unbedingt noch vorher archäologisch untersucht werden!

Einige weitere Bemerkungen zu dem genannten Artikel von Steiner seien angefügt:
1. Das von Viera (zitiert nach Berthelot) im Zusammenhang mit den Brandaltären verwendete Wort Efequenes könnte die Wortwurzel FOCUS (lat. = Opferpfanne, Räucherbecken, Brandstätte, Opferherd ... ) enthalten.
2. Die auffällige phallische Gestalt der Brandopferaltäre von El Hierro sollte nicht übersehen werden.
3. Der gute Erhaltungszustand der Knochen mit Brandspuren in den kanarischen Altären legt die Vermutung nahe, daß diese noch bis in jüngste Vergangenheit in gleicher Weise verwendet wurden, denn die Verwitterungsmechanismen können auch im trockenheißen Klima des Julán den Verfall nicht über Jahrhunderte aufhalten.
4. Die im gesamten Berberbereich so häufig anzutreffenden KERKOR (= Steinhaufen) sind dort stets Heiligtümer, und zwar meist kreisförmige Steinmauern, die als "Zelle" eines Geistes (Dschinn, Siyyid etc.) gelten. Opfer werden hier heute nur noch selten vollzogen (hauptsächlich Hühner), ansonsten werden nur Gaben niedergelegt. Einige Zellen haben die Gestalt von Öfen und werden auch in dieser Weise benützt.
5. Unweit von La Alberca in der Provinz Salamanca sah ich Strukturen, die ebenfalls als Altäre gedeutet werden könnten. Es sind rechteckige Steinhaufen, die innen vermutlich verfüllt sind, äußerst beständig errichtet mit schräg nach oben neigenden Wänden, ordentlich aufgeführt aus passenden groben Natursteinen. Da sie nicht rund sind, gehören sie vermutlich nicht direkt zum Thema, auch ist ja die geographische Entfernung beträchtlich. Leider wurden diese auffälligen Steinbauten nie offiziell zur Kenntnis genommen. Mein 1979 dem Deutschen Archäologischen Institut in Madrid zur Veröffentlichung übergebener Bericht mit Zeichnungen und Fotos wurde aus Mangel an archäologischem Interesse zurückgereicht. In der Umgebung der Steinaltäre befindet sich ein großer Opferfelsen mit neun Rinnen.

Uwe Topper am 27.1.1998 in Berlin.

Steiner, Hartwig-E. (1996): Brandopfer-Altäre in El Julán auf El Hierro, in Almogaren XXVII, S. 85-129 (Hallein)
ders. Teil 2 in Almogaren XXVIII, S. 195-234 (Hallein)

 

Brandopfer

Steinsetzung vom Typ "Brandopferaltar" in Los Molinos (Cádiz, Spanien) Foto: Uwe Topper 1988

 

brandopferaltarBrandopfer Cuscoy

links: Zeichnung eines Brandopferaltars : der Tumulus bei Mogán auf Gran Canaria (IC-N. Nr. 65/ August 1990, Titelblatt) nach Jimenez Sanchez, S. : Excavaciones arqueológicas en Gran Canaria, Memorias del Ministerio de Educación Nacional, No. 11 (Madrid 1946)

rechts: Brandopferaltar der Ausgrabung Cabeza del Jable am Julán auf El Hierro, nach Luís Diego Cuscoy (Santa Cruz de Tenerife 1968)

 

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